Anschlag in Tunis - Regierung korrigierte Opferzahl nach unten

Tunis (APA/AFP/Reuters) - Bei dem Anschlag auf das Nationalmuseum von Bardo in der tunesischen Hauptstadt Tunis sind nach jüngsten Angaben d...

Tunis (APA/AFP/Reuters) - Bei dem Anschlag auf das Nationalmuseum von Bardo in der tunesischen Hauptstadt Tunis sind nach jüngsten Angaben der Regierung 17 Touristen getötet worden. Unter den Opfern seien fünf Japaner, vier Italiener, zwei Kolumbianer, ein Franzose, ein Pole, ein Australier sowie ein Spanier, sagte Tunesiens Regierungschef Habib Essid am Abend im TV. Zuvor war von mindestens 24 Toten die Rede gewesen.

Am Abend demonstrierten Hunderte aufgebrachte Menschen im Zentrum von Tunis. Am Nachmittag sprach der tunesische Ministerpräsident Habib Essid noch von insgesamt 21 Todesopfern, darunter 17 Touristen. Zudem seien ein Polizist, ein tunesischer Zivilist und zwei Angreifer umgekommen. Nach zwei bis drei Terroristen werde noch gefahndet. Laut einem Sprecher des Innenministeriums stieg die Anzahl der Verletzten auf 42, unter ihnen Dutzende weitere Urlauber.

Laut Essid waren die Angreifer in Militäruniformen gekleidet. Mit Schnellfeuerwaffe hatten die Terroristen zu Mittag auf dem Platz, an dem das Bardo-Museum und das Parlament liegen, willkürlich auf Touristen gefeuert und sie bis in das Museum verfolgt. Dort nahmen sie dann zahlreiche Urlauber als Geiseln. Die meisten der etwa 100 Besucher, die sich zu dieser Zeit im Museum aufhielten, konnten jedoch laut Innenministerium rechtzeitig vorher in Sicherheit gebracht werden.

Tunesische Sicherheitskräfte, die das Gebäude zunächst umstellt hatten, beendeten laut Staatsfernsehen am Nachmittag die Geiselnahme. Dabei starben nach Angaben des Senders Watanija zwei Terroristen und ein Polizist. Ob die übrigen Opfer bei dem Anschlag oder bei der Beendigung der Geiselnahme umkamen, war zunächst unklar.

Der spanische Außenminister bestätigte den Tod von zwei spanischen Passagieren zweier Kreuzfahrtschiffe, das italienische Außenministerium berichtete von drei getöteten und sechs verletzten Italienern. Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos sprach zudem von zwei getöteten Kolumbianern.

„Wahrscheinlich“ stammen sieben Todesopfer aus Polen, wie der polinische Parlamentspräsident Radoslaw Sikorski mitteilte. Dagegen hat das Auswärtige Amt in Berlin noch keine Gewissheit, ob auch Deutsche unter den Opfern sind, wie Ministerpräsident Habib Essid zunächst gesagt hatte. Das Außenministerium bestätigte gegenüber der APA, dass es wohl keine Österreicher unter den Todesopfern gebe.

Eine Angestellte des Museums berichtete, sie habe gegen Mittag viele Schüsse gehört. „Meine Kollegen riefen: Flieh schnell“, dann seien sie gemeinsam mit mehreren Touristen aus der Hintertür gerannt. Eine französische Urlauberin erzählte, wie sie mit rund 50 anderen Besuchern einen der Säle besichtigte, als plötzlich Schüsse zu hören waren und eine kleine Statue umfiel. „Alle schrien, dann versteckten wir uns, bis uns die Polizei herausholte“.

Im benachbarten Parlament fand gerade eine Anhörung über Tunesiens Antiterror-Gesetz statt, als die ersten Schüsse fielen. Die Beratung wurde unterbrochen und die Abgeordneten aufgefordert, sich in der Versammlungshalle einzufinden. Es habe „riesige Panik“ geherrscht, berichtete die Abgeordnete Sayidab Ounissi auf Twitter.

Zu dem Anschlag auf das Museum bekannte sich zunächst niemand, doch trägt er die Handschrift radikaler Islamisten. Das Innenministerium sprach von einem „Terrorangriff“. Die Sicherheitskräfte brauchten demnach rund vier Stunden, bevor sie die Angreifer überwältigen und alle Besucher in Sicherheit bringen konnten.

Die tunesischen Behörden fahndeten nach zwei bis drei möglichen Komplizen. Präsident Beji Caid Essebsi sagte, die Behörden hätten alle nötigen Maßnahmen ergriffen, damit sich eine derartige „Katastrophe“ nicht wiederhole. Später erklärte er, sein Land werde den „Terrorismus gnadenlos“ bekämpfen.

In Tunesien hatte Ende 2010 der sogenannte Arabische Frühling seinen Anfang genommen. Im Gegensatz zu vielen anderen arabischen Staaten machte Tunesien jedoch eine politische Entwicklung durch, die international vielfach gewürdigt wurde. Gewalt, Repressionen und Gesetzlosigkeit blieben eher Ausnahmeerscheinungen. Der Anschlag dürfte die Tourismusindustrie, ein Schlüsselsektor der tunesischen Wirtschaft, hart treffen.

Allerdings erlebte die bewaffnete Jihadistenbewegung seit der Revolution einen Aufschwung, sie ist vor allem im Grenzgebiet zu Algerien aktiv. Dutzende Polizisten und Militärs starben bei Zusammenstößen. Zudem haben sich zwischen 2.000 und 3.000 junge Tunesier Schätzungen zufolge in den vergangenen Jahren den Islamisten in Syrien und im Irak angeschlossen.

Unter anderem die USA, Frankreich und Deutschland verurteilten den Angriff auf das Schärfste. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon betonte, die Vereinten Nationen seien solidarisch mit den Menschen und den Behörden in Tunesien EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini machte „Terrorgruppen“ für die Tat verantwortlich.