Wirtschaftskrise überschattet Neujahrsfeiern im Iran

Teheran/Wien (APA) - Für die Perser und alle anderen Völker, die Norouz (Neuer Tag) im Iran und aller Welt feiern, ist es am morgigen Freita...

Teheran/Wien (APA) - Für die Perser und alle anderen Völker, die Norouz (Neuer Tag) im Iran und aller Welt feiern, ist es am morgigen Freitag wieder soweit: Pünktlich zu Frühlingsbeginn wird das neue Jahr eingeläutet. Die Feiern dauern zwölf Tage. Am dreizehnten Tag des neuen Jahres, der als Unglückstag gilt, ziehen die Menschen im Familienkreis in die freie Natur und machen ausgedehnte Ausflüge.

Die Perser schreiben heuer das Jahr 1394, gemäß des Sonnenkalenders. Ihre Zeitrechnung beginnt mit der Flucht des Propheten Mohammed von Mekka nach Medina 621 n. Chr..

Viele müssen bei den Feierlichkeiten deutliche Einschränkungen in Kauf nehmen, denn die Wirtschaftskrise ist noch längst nicht überwunden. Wegen der internationalen Strafmaßnahmen gegen den Iran in Zusammenhang mit dem Atomstreit können sich viele Familien nur das Notwendigste zu Norouz leisten. Daher könnte ein Deal mit dem Westen den Lebensstandard erheblich verbessern.

Üblicherweise steht der Staatsapparat im Iran während der Feiertage still. Doch heuer ist die Verhandlungsdelegation rund um Außenminister Mohammad Javad Zarif bereit, auch während der Festtage in Lausanne weiterzuverhandeln, um eine Lösung im Atomstreit zu forcieren. Zarifs Chef, Präsident Hassan Rohani, hatte den Persern eine deutliche Verbesserung der Wirtschaftslage zu Norouz versprochen.

„Wenn du drei Kinder hast, musst du dir als Vater schon einmal die Frage stellen, ob du ihnen Obst oder Fleisch kaufst, beides ist bei den jetzigen Preisen leider unerschwinglich. Zudem sind alle anlässlich der Feiertage 13 Tage zu Hause, da muss man kalkulieren“, erklärt Majid Ghafari, 43, aus Teheran im Gespräch mit der APA.

Ghafari klagt auch über die horrenden Mietpreise. „Unsere Miete wurde seit 2012 viermal erhöht und wir sind nicht die Einzigen. Von Kleidung fange ich gar nicht erst an zu erzählen, denn dann lachen Sie mich aus. Ich habe mir das letzte Mal vor sieben Jahren einen Anzug gekauft, denn die Kinder sind wichtiger“, meint er.

Die letzten Tage des alten Jahres sind überall im Iran, so auch in der 16 Millionenmetropole Teheran, geprägt von hektischem Treiben auf den Straßen, dichtem Gedränge auf dem Großen Bazar und ständig überfüllten Hauptverkehrsverbindungen. Hupkonzerte und voll bepackte Menschen sind Vorboten dafür, dass Norouz vor der Tür steht.

Während die Ballungsräume im Smog ersticken, ist das Stadtbild überall gleich: Wunderschöne Ornamente, herausgeputzte, blumengeschmückte Fassaden, mehr oder weniger verhüllten Frauen und junge Leuten mit - trotz amtlichen Verbots - westlichen Frisuren. Die operierte Nase gehört im Iran mittlerweile ebenso zum guten Ton wie das I-Phone.

Das köstliche Aroma der einzigartigen iranischen Süßspeisen wie Zulbia Bamie (Honigbällchen- und Raster) und die duftende Wildtulpe sind omnipräsent.

Die Wurzeln des Norouz-Festes reichen mindestens in die Zeit der Achämeniden um 500 v. Chr. zurück. Der eigentliche Höhepunkt des Festes ist der Zeitpunkt der Tagundnachtgleiche (Sal Tahvil). Das Fest wird aber nicht nur im Iran gefeiert, sondern auch im Irak, in Afghanistan, in der Türkei und in Pakistan. Das Norouz-Fest wurde von der UNESCO 2009 in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.

Über den Ursprung von Norouz gibt es unterschiedliche Überlieferungen. Altpersische Legenden etwa berichten, dass Gott den Menschen am ersten Tag des Frühlings erschuf. Am häufigsten wird aber die Entstehung von Norouz mit Jamshid in Verbindung gebracht, dem mythischen iranischen König. Das Fest soll an die Himmelfahrt von Jamshid erinnern, für die Dämonen einen fliegenden Wagen hatten bauen lassen. Dämonen, die er zuvor bezwang und in den Dienst der Sterblichen stellte. Allerdings scheint Norouz wohl eher aus der Hirten- oder bäuerlichen Kultur entstanden zu sein, wo der Übergang vom Winter zum Sommer verehrt wurde: Fruchtbarkeits- und Erneuerungsriten können ohne Zweifel in manchen Bräuchen erkannt werden.

Die iranische Führung will zu Norouz ein Trotzsignal an den Westen setzen. Der Oberste Führer Ali Khamenei verkündete, dass sich der Iran trotz internationaler Sanktionen und Wirtschaftsproblemen nicht einschüchtern lasse.