RH-Bericht: „Multiorganversagen“ bei der Hypo-Verstaatlichung
Der Rechnungshof hat den Bericht zur Notverstaatlichung der Kärntner Hypo vorgelegt. Alle Beteiligten - Finanzministerium, Nationalbank oder Finanzmarktaufsicht - hätten versagt.
Wien, Klagenfurt, München - Wie schon der Griss-Bericht sieht auch der Rechnungshof eine Art Multiorganversagen rund um die Hypo-Notverstaatlichung Ende 2009. Die finalen Verhandlungen über die Zukunft der Hypo fanden demnach unter Zeitdruck statt. Die BayernLB verschärfte durch die Kündigung von Liquiditätslinien die Situation, die abwartende Haltung von Bundesstellen erhöhte den Zeitdruck, so der RH.
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Der gesamte RH-Bericht zur Hypo-Verstaatlichung: http://go.tt.com/1H5dvph
Das Finanzministerium und die Finanzprokuratur holten erst Anfang Dezember Infos über die Hypo von der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Oesterreichischen Nationalbank OeNB ein. Zuvor hatten von der FMA gesetzte Maßnahmen bei der Hypo dort aber keine zeitnahe Reaktion hervorgerufen. Die OeNB hatte etwa 2007 Mängel im Kreditbereich festgestellt, insgesamt aber „widersprüchliche Wertungen bei der Plausibilisierung der von der HBInt übermittelten wirtschaftlichen Daten vorgenommen“, schreibt der Rechnungshof in einem heute Donnerstag veröffentlichten Prüfbericht. Die FMA wiederum habe weder Geschäfte der Hypo begrenzt noch höhere Mindesteigenmittelerfordernisse vorgeschrieben.
Das Finanzministerium signalisierte gegenüber Bayern frühzeitig - Ende August 2009 - den Ausschluss eines Insolvenzszenarios, so der Rechnungshof. Die Fimbag schlug dem Finanzministerium nicht vor, nach Einschuss des Partizipationskapitals 2008 auf Kosten der Bank Buch-, Betriebsprüfungs- und Einsichtsrecht auszuüben.
Die Landeshaftungen Kärntens in vielfacher Milliardenhöhe trugen maßgeblich zur Systemrelevanz der damaligen Hypo Alpe Adria Bank International AG bei und haben dem RH zufolge eine entscheidende Rolle beim Beschluss der Verstaatlichung gespielt. Außerdem hätten diese den Verhandlungsspielraum der Vertreter der Republik Österreich im Verstaatlichungsprozess gegenüber der Mehrheitseigentümerin BayernLB eingeschränkt.
Bund nutzte Prüfrechte nicht aus
Der Rechnungshof erinnert im Endbericht ohne den Namen des damaligen ÖVP-Finanzministers Josef Pröll zu nennen -, dass dieser berechtigt war, „Auskünfte der FMA über alle Angelegenheiten der Finanzmarktaufsicht einzuholen“. Auch hätte Pröll im Vorfeld „die FMA mit der Durchführung bestimmter bankenaufsichtsrechtlicher Sonderprüfungen beauftragen“ können, so der RH.
Trotz der ab Ende April 2009 für die Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes (Fimbag) und das Finanzministerium unter Minister Pröll erkennbaren zunehmenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der früheren Hypo nutzten beide Stellen laut RH aber nicht die dem Bund zustehenden Buch-, Betriebsprüfungs-und Einsichtsrechte für eine weitergehende Informationsbeschaffung über die wirtschaftliche Lage der Hypo im Sinne einer Due-Diligence-Prüfung.
Moser: „Viele Köche verderben den Brei“
Aus Sicht von Rechnungshofpräsident Josef Moser haben alle involvierten Stellen rund ums Hypo-Milliardendesaster und deren Notverstaatlichung ihre Aufgaben „unzureichend erfüllt“. „Viele Köche verderben den Brei.“ Das Problem entstand aber in der Hypo selbst schon Jahre vor der Notverstaatlichung im Dezember 2009, so Moser nach der Veröffentlichung des RH-Berichts.
Nach aufgebauten Problemen mit massenhaft ungeprüften Krediten - für Moser das ursprüngliche Grundproblem - hätten die Aufsichtsstellen FMA, OeNB und Fimbag zu lange praktisch nebeneinander hergearbeitet, so der RH-Präsident. Das Finanzministerium habe dabei zugeschaut.
Informationen, die sich die einzelnen Stellen erarbeitet bzw. geholt hätten, seien Infos innerhalb der einzelnen Stellen geblieben, was Probleme auslöste. „Jeder hat Informationen für sich alleine betrachtet. Insgesamt waren die Stellen nicht ausreichend vernetzt. Getrennt wurde immer auf den anderen gewartet - nach dem Motto: Der wird schon eine Maßnahme setzen“, so Moser. „Letztendendes stand man überrascht da.“
„Ich warte ab und schaue was der andere tut“
Die Sache sei unter dem Aspekt gelaufen „ich warte ab, schaue was der andere tut“, sagte Moser am Donnerstag weiters in Richtung Finanzmarktaufsicht, Oesterreichische Nationalbank, Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes und Finanzministerium. So sei es bis in die zweite Jahreshälfte 2009 zu einem Informationsmanko in Sachen des wahren Zustands der Hypo Alpe Adria gekommen, so der Rechnungshofpräsident.
„Es gab am Ende aus Zeitmangel keine Möglichkeit mehr eine Due-Diligence-Prüfung durchzuführen, die notwendig gewesen wäre, damit man wissen kann, was das beste Szenario für den Steuerzahler ist“, kritisiert Moser. Die Daten der Hypo seien von der Notenbank als plausibel und konsistent eingeschätzt worden, obwohl bekannt war, dass die Kennzahlen sich von 2008 (Gewährung von PS-Kapital) auf 2009 verschlechtert haben. Trotzdem habe es „keine Maßnahmen gegeben, um die notwendigen Infos einzuholen“, lautet die Kritik. Die Gewährung des PS-Kapitals hätte der Fimbag und damit dem Finanzministerium eigentlich alle Prüfrechte gebracht, so Moser.