Yeziden - Eine Geschichte der Verfolgung
Wien/Bagdad (APA) - Die Bluttaten der Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) im Irak haben nach Einschätzung von UN-Experten möglicherweis...
Wien/Bagdad (APA) - Die Bluttaten der Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) im Irak haben nach Einschätzung von UN-Experten möglicherweise das Ausmaß von Völkermord erreicht. Dieser Vorwurf bezieht sich auf die gezielte Tötung von Menschen, die zur religiösen Minderheit der Yeziden (Jesiden) gehören. Verfolgung und Vertreibung sind für die seit Jahrtausenden bestehende, sektenähnliche Gruppe nichts Neues.
Für den IS sind die Yeziden eine Ansammlung von Teufelsanbetern und Ungläubigen. Diese Vorurteile - die auch von vielen orthodoxen Muslimen geteilt werden - beruhen großteils auf der sektenähnlichen und mysteriösen Religion der Yeziden. Die Yeziden folgen einem uralten Glauben, der aus Mesopotamien stammt. Er soll vor 3.500 bis 4.000 Jahren entstanden sein und hat seine Wurzeln im Zoroastrismus, einer antiken persischen Religion und Philosophie.
Später beeinflusste die Religion auch das Christentum und den Islam. Yeziden beten mehrmals am Tag zu ihrem Gott und verehren seine sieben Engel. Sie entmutigen Ehen außerhalb ihrer Gemeinschaft und ihres Kastensystems. Manche Yeziden weigern sich auch Salat zu essen oder die Farbe Blau zu tragen.
Während die Religion vor tausenden Jahren zu einer der mächtigsten der Welt gehörte, gibt es heute nur mehr rund 500.000 Yeziden - die pessimistischste Schätzung spricht von lediglich 100.000. Die meisten Yeziden lebten bis vor kurzem in der irakischen Provinz Nineveh, die 400 Kilometer nordwestlich von Bagdad entfernt ist. Von Saddams Husseins Regime wurden sie brutal verfolgt, tausende Familien flohen aus dem Land.
Der Sturz Husseins durch die von den USA angeführte Invasion 2003 verbesserte die Situation der Yeziden nicht. Sie fanden sich nun im Mittelpunkt mehrerer Konflikte wieder: Einerseits zwischen jenem der irakischen Zentralregierung und islamistischen Gruppierungen, anderseits zwischen dem der Zentralregierung und den autonomen kurdischen Regionen. In August 2007 töteten Extremisten zwischen 400 und 700 Menschen bei Attacken auf jesidische Dörfer in Nineveh.
Seit dem rasanten Vormarsch von IS befinden sich die Yeziden - neben vielen anderen religiösen Minderheiten- auf der Flucht vor der Terrorgruppe. Viele waren nach der Eroberung von Mosul, Ninevehs Hauptstadt, in Sinjar und anderen von Kurden kontrollierten Städten untergekommen, die nun ebenfalls unter Kontrolle der Islamisten stehen. Mehr als 70 Massaker hat die Minderheit seit ihrem Bestehen nach Angaben eines yezidischen Abgeordneten erlebt.
In Deutschland lebt mit geschätzten 40.000 Yeziden die größte Auslandgemeinschaft der Religionsgruppe, während es in Österreich nur sehr wenige Yeziden gibt - kurdischen Vertreter sprechen von rund 1.000.