Wohnungslosigkeit in Salzburg wird zunehmend ins Private verdrängt
Salzburg (APA) - Die Zahl der obdach- und wohnungslosen Menschen in der Stadt Salzburg hat zuletzt stagniert. Eklatant gestiegen ist im Vorj...
Salzburg (APA) - Die Zahl der obdach- und wohnungslosen Menschen in der Stadt Salzburg hat zuletzt stagniert. Eklatant gestiegen ist im Vorjahr allerdings der Anteil jener, die bei Freunden und Bekannten unterschlüpfen müssen, um ein Dach über dem Kopf zu haben. Das ist das Ergebnis der am Donnerstag präsentierten Wohnungslosenerhebung der Stadt Salzburg, der österreichweit einzigen Studie ihrer Art.
Im Erhebungsmonat wurden 2014 in der Landeshauptstadt 1.085 Erwachsene als obdach- oder wohnungslos registriert, eine kleine Steigerung um 23 Personen gegenüber dem Jahr zuvor. Dazu kamen 374 minderjährige Kinder, insgesamt wurden damit 1.459 Menschen erfasst. Was auffällt: Fast ein Drittel der Betroffenen kamen nicht in Notschlafstellen, privaten Pensionszimmern oder Substandard-Wohnungen unter oder lebten tatsächlich auf der Straße - sie wurden von Freunden und Bekannten aufgenommen.
„In absoluten Zahlen liegt hier ein Plus von 82 Menschen gegenüber 2013 vor. Die Wohnungslosigkeit wird immer mehr in den privaten Bereich verdrängt, wir sehen das als Folge des Fehlens politischer Verantwortung“, sagte Robert Buggler von der Salzburger Armutskonferenz. Dabei dürfte die Dunkelziffer höher liegen: Menschen die nie eine Einrichtung der Wohnungslosenhilfe aufgesucht haben, scheinen in der Erhebung nicht auf.
„Bei Freunden und Bekannten werden Betroffene nur eine bestimmte Zeit lang geduldet, das Konfliktpotenzial ist hoch“, erklärte Petra Geschwendtner von der Soziale Arbeit GmbH. „Oft ist unklar, ob sie morgen oder die nächste Woche noch dort schlafen können.“ Viele seien von Zwangsmobilität betroffen: „Sie pendeln zwischen Notschlafstellen, privaten Pensionen, Freunden, manchmal auch Krankenanstalten - ohne Perspektive auf Veränderung.“ Nur ein kleiner Teil - Schätzungen gehen von zehn bis 15 Prozent aus - gehe noch einer geregelten Arbeit nach. „Und bei jenen, die Arbeit haben, führt die Angst, das Dach über dem Kopf zu verlieren, zu massiven psychischen Einschränkungen.“
Die Ursachen für Wohnungslosigkeit seien gut identifiziert: „Prekäre Arbeitsverhältnisse münden unweigerlich in prekäre Wohnverhältnisse“, sagte Geschwendtner. Zu niedrigem Einkommen und niedrigen Transferleistungen wie Arbeitslosengeld komme ein massives Ungleichgewicht am Wohnungsmarkt. „Die Mieten sind auf einem Höhenflug, die Zuschüsse aus der Mindestsicherung halten hier nicht mit. Diese Menschen finden keine leistbare Wohnung mehr.“ Private Pensionen würden oft horrende Preise verlangen und in schlechtem Zustand sein.
Ein Drittel der Betroffenen seien Frauen, betonte Gudrun Hagen vom Verein Frauentreffpunkt. Sie kommen überdurchschnittlich oft bei Bekannten unter. „Es wird hier hundertfach von privater Seite eine unentgeltliche Leistung erbracht, weil es die Öffentlichkeit nicht schafft, leistbares Wohnen in ausreichendem Ausmaß zur Verfügung zu stellen.“ Bei Bekannten seien Frauen aber häufig Abhängigkeiten oder Gewalt ausgesetzt. „Sie müssen Zumutungen und Übergriffe erdulden, um nicht auf der Straße zu stehen.“
Laut Buggler fehlt es am politischen Willen, das Problem ernsthaft anzugehen. Er begrüßte allerdings den aktuellen Vorstoß des Landes, das Thema Wohnungslosigkeit in die neue Wohnbaudatenbank des Landes zu integrieren. „Damit wird eine Basis für eine langfristige Planung der Wohnungslosenhilfe geschaffen.“ Zugleich forderte er die Stadt Salzburg auf, die finanzielle Schieflage für Betroffene zu beenden und über eine Erhöhung der Zuschüsse für den Wohnaufwand zu verhandeln.