Tirol

WK setzt auf neues Gutachten: „Projekt Brückenschlag nicht tot“

Die Kalkkögel von der Axamer Lizum aus.
© Andreas Rottensteiner / TT

Wirtschaftskammer-Präsident Bodenseer fordert in der Causa Kalkkögel erneut eine Polit-Entscheidung. Laut einem von der WK in Auftrag gegebenen völkerrechtlichen Gutachten wäre der „Brückenschlag“ entgegen anderer juristischer Befunde rechtlich möglich.

Innsbruck - Die Tiroler Wirtschaftskammer will sich nicht mit dem landespolitischen „Nein“ für den umstrittenen „Brückenschlag“ über das Ruhegebiet Kalkkögel abfinden. WK-Präsident Jürgen Bodenseer (ÖVP) wartete am Donnerstag in der Pressekonferenz mit einem von der Wirtschaftskammer in Auftrag gegebenen völkerrechtlichen Gutachten auf. Dieses besage, dass das Projekt sehr wohl rechtlich möglich sei.

„Das Projekt ist nicht tot. Es ist versucht worden, es politisch zu begraben“, sparte Bodenseer nicht mit Kritik an seinen Parteifreunden in der Tiroler ÖVP und forderte gleichzeitig einen breiten Diskussionsprozess und eine erneute Entscheidung ein. Tirols Landeshauptmann und Landesparteichef Günther Platter hatte den Skigebietszusammenschluss Anfang März abgeblasen, nachdem mehrere vom Land in Auftrag gegebene Gutachten ergeben hatten, dass der Brückenschlag verfassungswidrig sei und gegen die Alpenkonvention verstoße. Damit war ein koalitionsinternes Sprengkraft-Thema scheinbar endgültig vom Tisch. Die Grünen hatten sich seit jeher vehement gegen das Vorhaben der „ARGE Brückenschlag“ gestimmt, die Volkspartei sich jedoch mit einem einstimmigen Parteivorstandsbeschluss dafür ausgesprochen.

Rechtliche Schützenhilfe leistete Bodenseer am Donnerstag der Innsbrucker Völkerrechtler Peter Hilpold, der das Gutachten verfasste. Dessen Fazit: Weder würde das Vorhaben gegen die Alpenkonvention, die Naturschutzprotokolle und schon gar nicht gegen die Verfassung verstoßen. Der Schutzzweck des Ruhrgebietes werde durch eine notwendige Novelle des Naturschutzgesetzes gewahrt. Der Völkerrechtler habe das Vorhaben nach einer neuen Textierung der Wirtschaftskammer, einem alternativen Vorschlag zur Änderung des Naturschutzgesetzes, geprüft, hieß es.

„Keine touristische Erschließung“

Das Gebiet der Kalkkögel solle nur mit Drahtseilen überspannt werden, es seien keine Zustiegsmöglichkeiten und keine Talstationen vorgesehen. Daher handle es sich auch um keine touristische Erschließung. Die Bestimmung des Naturschutzgesetzes solle dahin gehend abgeändert werden, dass die Errichtung von Seilbahnen für die Personenbeförderung in Ruhegebieten verboten ist, sofern sich die Stationsgebäude und deren Umfeld in Ruhegebieten befinden. Letzteres sei eben beim Brückenschlag nicht gegeben und daher liege auch kein Verstoß gegen die Alpenkonvention vor, so die Argumentation.

„Das ist eine politische Frage mit einer Abwägung zwischen Ökonomie und Ökologie“, widersprach Hilpold diametral der Tiroler ÖVP-Spitze, die von einer rein rechtlichen Frage gesprochen hatten. Es gehe nicht, dass man „eine rechtliche Diskussion vorschiebt und die Diskussion beendet“, kritisierte der Völkerrechtler. Die Gutachten seiner ihm widersprechenden Kollegen würden überdies „Extremstszenarien“ wie ein Schiedsverfahren oder eine möglicherweise drohende Verurteilung Österreich enthalten. Wenn man überall so strenge Interpretationen vornehmen würde, seien überhaupt keine Maßnahmen mehr möglich und auch die im Jänner beschlossene Naturschutznovelle und die Energiewendewürden würden einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten. Hilpold stimmte dieser Ansicht Bodenseers zu.

„Überfallsartig“ Gutachten präsentiert

Auf die Frage, ob bei Landeshauptmann Platter von Anfang an der politische Wille für eine Realisierung dieses Projekts gefehlt habe, meinte Bodenseer: „Ich kann in die Köpfe anderer nicht hineinschauen“. Es habe zunächst einen einstimmigen ÖVP-Vorstandsbeschluss gegeben, aber dann seien „andere Meinungen aufgetaucht“. Schließlich seien „überfallsartig“ Gutachten präsentiert worden. Wie er Schwarz-Grün bei einem weiteren „Nein“ zum Kalkkögel-Projekt beurteilen würde? „Ich war ein Befürworter dieser Koalition. Aber es braucht mehr schnelle und mutige Entscheidungen“. (APA, TT.com)

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