Deutsche Bank auf Strategiesuche - „Go Big or Go Home“
Frankfurt (APA/Reuters) - Die Deutsche Bank biegt bei der Suche nach ihrer neuen Strategie auf die Zielgerade ein. An diesem Freitag kommt F...
Frankfurt (APA/Reuters) - Die Deutsche Bank biegt bei der Suche nach ihrer neuen Strategie auf die Zielgerade ein. An diesem Freitag kommt Finanzkreisen zufolge der Aufsichtsrat zusammen. Er wird vom zuständigen Vorstand Stefan Krause zumindest einen Zwischenstand abfragen, wie weit die Standortbestimmung von Deutschlands größtem Geldhaus gediehen ist, wie mehrere mit der Sache vertraute Personen Reuters sagen.
Ob dabei auch schon eine Entscheidung falle, wie die „neue“ Deutsche Bank konkret aussehen werde, sei offen. Nur ein Ziel stehe fest: Schrumpfen. „Die Bank hat die immer strengere Regulierung unterschätzt. Es wird noch einmal eine Kürzung der Bilanz geben“, sagt einer der Insider. Die neue Agenda werde wohl auf fünf Jahre angelegt sein und eine eigene Definition der Universalbank finden.
Die Deutsche Bank äußert sich zum laufenden Prozess nicht. Nach wie vor heißt es lediglich, Ergebnisse der Strategieüberprüfung würden im zweiten Quartal präsentiert. Die Erwartungen der Investoren, die möglichst schon vor der Hauptversammlung am 21. Mai Klarheit über die künftige Marschroute haben wollen, sind allerdings hoch. Von einem der zehn größten Aktionäre heißt es: „Da muss ein großer Wurf kommen, sonst können die beiden Chefs nach Hause gehen.“
Etliche Ziele der bisherigen Agenda „2015+“, mit der Anshu Jain und Jürgen Fitschen 2012 angetreten waren, sind in weite Ferne gerückt oder wurden aufgeschoben. Das betrifft insbesondere die von den Anlegern herbeigesehnte Eigenkapitalrendite nach Steuern, die bei unter drei Prozent stagniert, während zwölf Prozent versprochen wurden. Deshalb müssten auf das laufende Sparprogramm - bis Ende 2015 sollen die jährlichen Kosten um 4,5 Mrd. Euro sinken - noch einmal zwei Milliarden draufgesattelt werden, fordert der Großaktionär - und fügt hinzu: „Wir warten gespannt auf das Restrukturierungsprogramm.“ Auch Jain und Fitschen haben bereits signalisiert, dass die Kosten im Konzern ihrer Meinung nach noch immer zu hoch sind.
Der Kurs der Deutsche-Bank-Aktie spricht eine deutliche Sprache: Seit dem Amtsantritt von Jain und Fitschen hat das Papier zwölf Prozent gewonnen. Der europäische Bankenindex legte im selben Zeitraum aber um 74 Prozent, der DAX sogar um 90 Prozent zu.
Die Kernfrage lautet noch immer, ob die Deutsche Bank überall ein bisschen abspeckt oder sich komplett von ganzen Bereichen trennt. Das global ausgerichtete Investmentbanking bindet zwar besonders viel Kapital, steht aber nicht zur Disposition, wie Jain erst in dieser Woche auf einer Bankenkonferenz deutlich gemacht hat. Der Bereich, der in guten Zeiten das meiste Geld in die Kasse spült, könnte aber trotzdem gestrafft werden, um die knappen Ressourcen besser einzusetzen, sagen Branchenexperten.
Weniger sicher fühlen sich derzeit die Deutsche-Bank-Manager im Privatkundengeschäft. Denn schon vor einiger Zeit ist aus Finanzkreisen verlautet, dass die Führungsspitze eine Abspaltung der Postbank oder gar des gesamten Privatkundengeschäfts durchspielt - möglicherweise über einen Börsengang. Die Sparte ächzt unter den Niedrigzinsen, das Filialnetz ist ein Kostentreiber. Eventuell, so sagen Insider, lohnt sich deshalb nur noch die obere Klientel - mit entsprechenden Schnittstellen zur Vermögensverwaltung und zum Firmenkundengeschäft. Die Deutsche Bank hat all dies als Spekulation bezeichnet. Aber die ersten Analysten jubeln bereits: Das Geldhaus solle zu seiner Überzeugung stehen, sich von den Privatkunden trennen und stattdessen voll und ganz auf das Kapitalmarktgeschäft setzen, hieß es unlängst in einer Kurzstudie von Jefferies mit dem provokanten Titel „Go Big or Go Home“. Ohne das Privatkundengeschäft würde die Deutsche Bank ihre absolute Verschuldungsquote (Leverage Ratio) relativ schnell auf vier Prozent steigern können und wäre damit nicht mehr allzu sehr auf Kante genäht, rechneten die Analysten vor.
Die Postbank selbst, die seit 2010 mehrheitlich zur Deutschen Bank gehört, hat ihre Hausaufgaben gemacht. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise hatte sie noch eine Bilanzsumme von 250 Mrd. Euro, inzwischen sind es etwa 150 Mrd. Euro. Schrottpapiere wurden verkauft, das Kundengeschäft rückte zurück in den Fokus. Heute verdient das Bonner Institut schon fast seine Kapitalkosten. Eine Abspaltung ist daher für viele kein Untergangsszenario. „Die Postbank ist berechenbar geworden. So eine Bank findet einen neuen Eigentümer“, sagt einer, der das Haus gut kennt - betont aber auch: „Es würde der Postbank sehr gut tun, sich mal zwei oder drei Jahre nur dem Kunden zu widmen.“
~ ISIN DE0005140008 WEB https://www.deutsche-bank.de/index.htm ~ APA483 2015-03-19/15:54