Justiz fehlen die Psychiater
Gerichtspsychiater beklagen zu geringe Tarife. Das Justizminis- terium wollte zahlen, scheiterte aber an der Ärztekammer.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck –Seit Jahren beklagt die Ärztekammer eine Schlechterstellung der Mediziner, wenn es nach dem Gebührenanspruchsgesetz um deren Sachverständigentätigkeit bei Gerichten geht.
Nochmals schlechter ergeht es jedoch den Psychiatern, die für Gerichtsgutachten im Gegensatz zu ihren Kollegen nur eine Pauschalgebühr verlangen, jedoch Untersuchung und Diagnostik nicht extra verrechnen können. Die Pauschalgebühren für die hochqualifizierte Tätigkeit scheinen dabei aus den 70er-Jahren zu stammen: 59 Euro, 116 Euro und 195 Euro für äußerst komplexe Fälle mit auch zehnstündigen Begutachtungen und dementsprechenden Gutachten für Prozesse. Muss ein Gerichtspsychiater darauf in seiner Urlaubszeit zum Prozess, bekommt er dort eine Stunde mit 33 Euro honoriert. Dies in Zeiten, wo jeder Handwerker 70 Euro verrechnet.
Die Situation zeitigt ihre Folgen: Immer weniger Psychiater stehen der Justiz zur Verfügung. Staatsanwalt Hansjörg Mayr zur TT: „Die Situation in Tirol ist wirklich eng. Zurzeit stehen uns nur noch drei Psychiater zur Verfügung. Immer öfter müssen wir uns in anderen Bundesländern nach Psychiatern umsehen.“
Verzögerungen für die Patienten sind die Folge.
Ein Umstand, der auch dem Justizministerium bewusst ist. Vergangene Vorfälle rund um geistig abnorme Rechtsbrecher mahnen zudem zur Dringlichkeit. Und so gelang Justizminister Wolfgang Brandstetter im Herbst gegenüber dem Finanzministerium der Durchbruch: Drei Millionen aus dem Budget sollten Psychiatern einen Stundentarif ermöglichen, um zeitintensive Gutachten adäquat abrechnen zu können.
Die erstmals erfolgreichen Bemühungen waren jedoch umsonst, da das Projekt ausgerechnet am Veto der Bundesärztekammer scheiterte. Was auf den ersten Blick unverständlich klingt, hat jedoch für die Ärzteschaft berechtigte Hintergründe, wie Kammeramtsdirektor (Österreichische Ärztekammer) Johannes Zahrl gegenüber der TT erklärte: „Es besteht für Ärzte weiter eine krasse und verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu anderen Sachverständigen, die nach Maßgabe der aufgewendeten Zeit und Mühe entsprechend ihren außergerichtlichen Einkünften honoriert werden. Es gibt dafür keine sachliche Rechtfertigung.“ Zahrl zu den Psychiatern: „Unter diesem Gesichtspunkt ist auch nicht ersichtlich, warum nun ausschließlich nur für Psychiater ein Stundentarif eingeführt werden soll.“
Ziel der Ärztekammer ist nunmehr somit die generelle Gleichstellung von Ärzten mit allen übrigen Sachverständigen – intensive Gespräche laufen. Für psychiatrische Patienten bedeutet das allerdings wohl noch für einige Zeit weiteres Warten.