Tunnel als Mittel gegen den Flaschenhals am Brenner
Durch den Brennerbasistunnel soll dem Güterverkehr von Nord nach Süd der Weg geebnet werden. Am Donnerstag wurde der Haupttunnel angeschlagen.
Von Anita Heubacher
Innsbruck – EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc wurde gestern in Tirol zweimal lärmbelästigt. Einmal durch die Schützen beim landesüblichen Empfang vor der Hofburg mit der Ehrensalve, wenige Stunden später löste der „Stargast“ die Sprengung im Haupttunnel des Brennerbasistunnels aus. Da knallte es zum zweiten Mal. Während sich Bulc entweder durch Ohrenzuhalten oder durch Gehörschutz behelfen hätte können, sind Tirolerinnen und Tiroler entlang der Inntal- und Brennerroute einer Dauerbeschallung ausgesetzt. Zur Lärmbelastung gesellt sich jene der Luft hinzu. Der Lkw-Verkehr über den Brenner hat im letzten Jahr die Zwei-Millionen-Marke erreicht, dazu kommen zehn Millionen Pkw. 40 Prozent des gesamten Gütertransports von Norden nach Süden laufen über den Brenner.
8,5 Milliarden Euro kostet der Brennerbasistunnel, bis 2026 soll er fertig sein und die verkehrsgeplagten Tiroler entlasten. Für die EU ist das Projekt prioritär, der Brenner ein Flaschenhals, eine Engstelle für den internationalen Verkehr. Ebendie soll durch den Tunnel beseitigt werden. Heute tagt alles, was im Verkehrsbereich Rang und Namen hat, in Innsbruck. Neben Bulc ist auch EU-Koordinator Pat Cox nach Tirol gekommen. Der österreichische Verkehrsminister Alois Stöger und sechs seiner Amtskollegen, darunter aus Deutschland Alexander Dobrindt, sind da. ÖBB-Chef Christian Kern ist ebenso anwesend wie sein Pendant auf der italienischen Seite, Michele Mario Elia. Dazu kommen die Landeshauptleute von Tirol, Südtirol und dem Trentino.
„Investitionen in die Infrastruktur sind wesentlich, wenn die Schiene in Zukunft ein erhöhtes Verkehrsaufkommen bewältigen muss. Die bestehenden Bahnstrecken würden an ihre Grenzen stoßen“, erklärte Verkehrskommissarin Bulc. Allerdings wird das Gros der Güter immer noch auf der Straße transportiert. Am Brenner sind es 30 Millionen Gütertonnen auf der Autobahn und elf Millionen Gütertonnen auf der Schiene.
Österreichs Verkehrsminister Stöger sieht in der „umweltfreundlichen Schiene das europäische Verkehrsmittel der Zukunft“. Die „grenzenlose Mobilität“ schwebt seinem Amtskollegen, Alexander Dobrindt vor. Der Basistunnel sei ein historisches Schlüsselprojekt, ein zentraler Bestandteil der transeuropäischen Netze. In Bayern spießt es sich allerdings bei den Zulaufstrecken. Der Flaschenhals würde ohne deren Bau verlagert: vom Brenner nach Bayern.
LH Günther Platter sieht im Tunnel „eine zukunftsweisende Schienenverbindung“. Platter fordert seit Langem eine Korridormaut, die den Brenner teurer machen würde. Dafür müssten Bayern und Südtirol mitspielen – tun sie aber bis dato nicht. „Der Bau des Tunnels musste einige Hürden überwinden“, sagte Platter. Die Symbolkraft des Anschlags des Haupttunnels sei daher „nicht hoch genug einzuschätzen“. Für den Südtiroler LH Arno Kompatscher ist der Tunnel „ein Meilenstein für eine zukunftsgerichtete Entwicklung des Güter-, aber auch des Personennahverkehrs“. „Mr. Brennerbasistunnel“ ist Konrad Bergmeister, der Vorstand der Brennerbasistunnel Gesellschaft, BBT SE. Der Tunnelanschlag sei ein weiterer Meilenstein in der Realisierungsgeschichte des Brennerbasistunnels, meinte er. Für die Kritiker bleibt der Tunnel ein Milliardengrab, solange die Straße nicht teurer wird. Die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung sehen das Projekt positiv.