Tirol

Abschusslisten und der Versuch, Zeit zu gewinnen

Bis Mai legt Albin Eberharter jeden Tag Heu und Silagefutter nach. Momentan findet er die abgeworfenen "Stangen".
© Andreas Rottensteiner

Die anstehende Novelle des Jagdgesetzes löst unter Waidmännern Unruhe aus. Ein Augenschein in Stumm mit Jäger Albin Eberharter.

Von Sabine Strobl

Stumm i. Z. –Albin Eberharter kurvt die vereisten Forstwege am Stummer Berg hinauf. Wie jeden Tag. Er kontrolliert die Wildfütterung, füllt Heu, Maissilage und Kraftfutter für das Rehwild nach. Er bringt Salz aus. Jetzt im Frühjahr sucht er auch die „Abwurfstangen“ der Hirsche zusammen. In Stumm ist es üblich, dass die Geweihe der bekommt, der das Tier schießt. „Ich füttere bis Anfang Mai. Das Gauder Fest ist meistens mein letzter Fütterungstag.“

Dieser Stichtag könnte sich auch im neuen Jagdgesetz ausgehen. Bedenken hat Eberharter gegenüber festen Fütterungszeiten trotzdem. Ab 16. November darf Rotwild, ab 1. Oktober das Rehwild gefüttert werden. Bisher waren eine „geschlossene Schneedecke oder Wiesen, die nichts mehr hergeben“, das Startzeichen für die Fütterung. Im Frühjahr besteht bei Nichtfütterung die Gefahr von Schälschäden, weil sich das Rotwild an die Baume, die im Saft stehen, macht. „Füttere ich das Wild, mache ich mich künftig strafbar“, erklärt Eberharter. Hier wäre ein Kompromiss angebracht.

Eberharter ist Bauer und nebenberuflich Jagdaufseher. Das Revier umfasst drei Jagden von Gemeinde und Agrariern oder 2400 Hektar. Das ist für Tirol eine ordentliche Größe. 100 Stück Rotwild, 130 Stück Rehwild und 40 bis 50 Gämsen beherbergt hier der Wald.

Die Stückzahlen sind dann Thema beim Kaffee mit dem Pächter Franz Höllwarth und seinem Sohn Franz Josef. Soll doch der Rotwildbestand in Tirol um ein Drittel verringert werden. „Weit fehlt es bei uns nicht“, ist man sich in Stumm einig. 40 Stück Rotwild müssen heuer von Juni bis Dezember geschossen werden. „Je höher der Jagddruck, desto schwieriger wird die Jagd“, erklärt Eberharter. Nicht erfüllbare behördliche Abschusspläne könnten in Tirol noch zu Problemen führen. Auch hier wird über Kompromisse nachgedacht. „Man könnte doch vereinbaren, dass man den Überbestand in den nächsten zehn Jahren in den Griff bekommt.“

Höllwarth senior ist seit 50 Jahren Jagdpächter in Stumm. Zwischen zehn und 40 Jagdgäste kommen jährlich und kaufen einen Abschuss. „Sie sind aus Finnland, Belgien und auch aus den USA“, erzählt der Junior. Wer keinen Jagdschein hat, darf auf Fotopirsch gehen. Was künftig gesetzlich geregelt werden soll, ist bei ihnen schon Tradition: Die Jagdgäste werden begleitet.

Ein Gesetz hat meist einen Anlass. Eberharter denkt dabei an ein tierquälerisches Video, in dem ein Jagdgast eine angeschossene Gams über ein Steinfeld schleift. Auch auf heimische Jäger soll sich ein verschärftes Disziplinarrecht auswirken. Früher gab es bei einem Vergehen meist eine namentliche Nennung in der Zeitung des Jägerverbandes oder einen Entzug des Jagdscheins für drei Jahre. „Jetzt soll eine Geldstrafe und ein längeres Jagdverbot Wirkung zeigen.“

Forstwirtschaft, Jagd, Erholungssuchende, Sportler und der eine oder andere Lift der Touristiker – alle wollen ihr Plätzchen im Wald haben. Eberharter sagt: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Ein Miteinander ist in Zukunft der wichtigste Punkt.“ In Stumm sind die Waidmänner stolz, dass die Zusammenarbeit mit dem Forst funktioniert. Denn der Zustand des Waldes spielt bei den Abschussplänen künftig eine große Rolle. „Wir besprechen mit dem Förster, wo eine Verjüngung des Waldes ansteht. Dort jagen wir gezielt. Umgekehrt bekommen wir für die Jagd eine Waldschneise.“

Derzeit herrscht unter Tirols Waidmännern Unruhe. Egal, ob sie mit den Behörden wegen der Mehrabschüsse streiten oder Eigenjagden kritisch beäugen. Eberharter: „Wir müssen uns alle bewegen, trotz der Traditionen – und zusammenhalten wie die Landwirte.“

Bei Vollmond im Februar und März wird auch über die Wildkamera der Wildbestand gezählt.
© Eberharter

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Angela Dähling

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