Deutsche Wissenschafter machen Immunzellen aggressiv
Berlin (APA) - Forschern des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin und der Charite-Universitätsklinik ist es gelungen...
Berlin (APA) - Forschern des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin und der Charite-Universitätsklinik ist es gelungen, Zellen des Immunsystems im Labor so aufzurüsten, dass sie Krebszellen ganz gezielt erkennen und zerstören können. Daraus soll eine immunologische Therapie gegen das Multiple Myelom werden.
Die Ergebnisse der Forschungen von Matthias Obenaus, Thomas Blankenstein (MDC und Charite) sowie von Dolores Schendel (Medigene AG/München) sind jetzt in „Nature Biotechnology“ online erschienen (doi:10.1038/nbt.3147). An sich ist das körpereigene Abwehrsystem darauf trainiert, zwischen fremd und eigen zu unterscheiden und körperfremde Strukturen zu erkennen und zu zerstören. Bei Krebserkrankungen jedoch ist das Immunsystem offenbar sehr zurückhaltend. Zumeist attackiert das Immunsystem sie nicht, sondern toleriert sie, weil Krebszellen körpereigene Zellen sind, die Immunzellen nicht als fremd erkennen.
Diese Toleranz möchten die Forscher für die Entwicklung von Therapien gegen den Krebs gezielt durchbrechen. Dreh- und Angelpunkt bei der Attacke des Immunsystems sind die sogenannten T-Zellen. Sie tragen auf ihrer Oberfläche Rezeptoren, mit denen sie die fremden Strukturen, die Antigene von Bakterien oder Viren, erkennen und so die Eindringlinge gezielt zerstören können. Diese Eigenschaft der T-Zellen versuchen Krebsforscher und Immunologen auch im Kampf gegen Krebs zu mobilisieren. Entscheidend dafür ist, dass die T-Zellen ganz gezielt nur Krebszellen erkennen und angreifen, die anderen Körperzellen aber verschonen.
Jetzt ist es den deutschen Wissenschaftern gelungen, menschliche T-Zell-Rezeptoren (TCRs) zu entwickeln, die keine Toleranz mehr gegenüber menschlichen Krebszellen haben und ganz speziell ein Antigen erkennen, das auf verschiedenen menschlichen Tumorzellen vorkommt, das Antigen MAGE-A1. Zunächst statteten die Forscher die Mäuse mit der genetischen Information für menschliche TCRs aus. Diese bilden daraufhin ein ganzes Arsenal menschlicher TCRs. Wenn die T-Zellen der Mäuse mit menschlichen Krebszellen in Kontakt kommen, sind deren Antigene für sie genauso fremd wie die von Viren oder Bakterien und sie können die Tumorzellen gezielt erkennen, angreifen und zerstören.
In der Folge schafften es die deutschen Wissenschafter, humane T-Zell-Rezeptoren von diesen Mäusen zu isolieren, die speziell gegen das Tumorantigen MAGE-A1 gerichtet sind. Danach transferierten Sie die T-Zell-Rezeptoren in menschliche T-Zellen und brachten ihnen so bei, die Krebszellen als fremd erkennen zu können. Ein Vergleich mit den aggressiv gemachten menschlichen TCRs aus der Maus zeige, dass die TCRs von Patienten die Tumorantigene nicht gut genug erkennen können, sie sind zu schwach, hieß es in einer Aussendung des Delbrück-Centrums.
„Die Tatsache, dass unsere TCRs aus der Maus besser sind, ist ein starker Hinweis darauf, dass die Immunzellen eines Menschen gegenüber MAGE-A1 tolerant sind“, erläuterten Matthias Obenaus und Blankenstein. Mit den von ihnen entwickelten und geschärften T-Zell-Rezeptoren planen die Forscher eine erste klinische Studie bei Patienten mit Multiplem Myelom, einer bösartigen Erkrankung des Knochenmarks, welches das Antigen MAGE-A1 trägt.