Sozialisten Favoriten bei Regionalwahlen in Andalusien
Sevilla (APA) - Selten ist es in einem Wahlkampf so zur Sache gegangen wie derzeit in Andalusien, wo am kommenden Sonntag vorgezogene Region...
Sevilla (APA) - Selten ist es in einem Wahlkampf so zur Sache gegangen wie derzeit in Andalusien, wo am kommenden Sonntag vorgezogene Regionalwahlen stattfinden. Obwohl beide großen Volksparteien derzeit gleichsam im Korruptionssumpf versinken, lassen sie keine Gelegenheit aus, dem politischen Kontrahenten Lüge, Günstlingswirtschaft, Korruption und Amtsmissbrauch vorzuwerfen.
Andalusiens sozialistische Ministerpräsidentin und erneute PSOE-Spitzenkandidatin Susana Diaz versucht dabei, Juan Manuel Moreno, den Kandidaten der konservativen Volkspartei (PP), so weit es geht zu ignorieren. Ihre politischen Angriffe richten sich vor allem gegen den konservativen spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy (PP): „Rajoy hackt seit drei Jahren auf Andalusien herum und fügt unserer Region absichtlich Schaden zu, nur weil wir Sozialisten hier regieren.“ Rajoy habe Andalusien „finanziell malträtiert“ und gegen das Dekret zum Hypothekengesetz Einspruch erhoben habe, nur um Andalusiens Regierung in Bedrängnis zu bringen und ohne auf das Wohl der von Arbeitslosigkeit geplagten Andalusier Rücksicht zu nehmen.
PP-Kandidat Moreno will sich unterdessen keine Lehrstunden von der „Präsidentin der Arbeitslosigkeit“ geben lassen und wirft ihr „Lügen“ und „Hochmut“ vor. Die Nerven der beiden großen Volksparteien liegen offensichtlich blank. Der Grund liegt auf der Hand. Selten stand für Spaniens Sozialisten und Konservative in der bevölkerungsreichsten Region des Landes so viel auf dem Spiel wie im heurigen Jahr. Die Wahlen in Andalusien sind der Auftakt zu einem Superwahljahr, in dem in Spanien im Mai landesweit Kommunalwahlen und in 13 der 17 Autonomien Regionalwahlen stattfinden.
Im September folgen Regionalwahlen in Katalonien. Der nationalistische katalanische Ministerpräsident Artur Mas (CiU) zog die Wahlen in Spaniens wirtschaftsstärkster Region vor, um sie nach dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum zu „plebiszitären“ Wahlen über die Loslösung von Spanien zu machen. Später im Jahr finden auch noch spanische Parlamentswahlen statt. „Somit werden die andalusischen Regionalwahlen zu einem Testlabor, Stimmungsbarometer und einem wichtigen psychologischen Effekt in einem Superwahl“, erklärt Angel Cazorla, Politologe und Wahlforscher an der Universität von Granada, im Gespräch mit der APA.
Bei den andalusischen Regionalwahlen nehmen zum ersten Mal auch die beiden neuen Protestparteien, die linksradikale „Empörten“-Partei Podemos („Wir können“) und die sozialliberalen Ciudadanos („Bürger“) teil. Ihr Abschneiden in Andalusien wird von Sozialisten und Konservativen mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet, denn alle Umfragen zeigen, dass diese beiden Parteien erstmals in der Geschichte der spanischen Demokratie der traditionellen Zwei-Parteien-Herrschaft von Sozialisten und Konservativen ein Ende bereiten könnten.
Die Konservativen versinken derzeit im Korruptionsskandal „Gürtel“, bei dem mehrere Dutzend PP-Politiker bereits in Untersuchungshaft sitzen. Sozialistische Regionalpolitiker in Andalusien sowie parteinahe Gewerkschafter wiederum sollen im „Fall ERE“ jahrelang EU-Fördergelder für Fort- und Ausbildungskurse von Arbeitslosen in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Dafür könnten beide Parteien viele Stimmen an die beiden Protestparteien verlieren.
In Andalusien steht dabei vor allem für die Sozialisten viel auf dem Spiel. Sie müssen ihre letzte traditionelle Hochburg verteidigen, die sie seit 32 Jahren regieren, aber bei den Regionalwahlen 2012 erstmals nicht zur stärksten Partei gewählt wurden. Damals gewannen die Konservativen und die Sozialisten konnten nur durch eine Koalition mit der kommunistischen Vereinten Linken (IU) ihre Macht sichern.
Diese wurde Ende 2014 von Diaz überraschend beendet. Experten gehen davon aus, dass sie vor allem Podemos nicht noch mehr Zeit geben wollte, in Andalusien Parteistrukturen aufzubauen und noch mehr Unterstützung zu bekommen. Jüngste Umfragen verschiedener Tageszeitungen sagen den andalusischen Sozialisten mit knapp 37 Prozent der Stimmen zwar einen Wahlsieg voraus. Zu einer absoluten Mehrheit wird es aber mit 40 bis 46 Sitzen nicht reichen.
Auf eine Koalition mit Podemos dürfte Diaz auch im Hinblick auf die Parlamentswahlen verzichten, bei denen die Protestpartei den Sozialisten viele Stimmen abnehmen könnte. Eine Neuauflage der Koalition mit IU scheint unwahrscheinlich, da diese durch Podemos auf bis zu fünf Abgeordnete zusammenschrumpfen dürfte. Auch eine Koalition mit dem Hauptrivalen PP, der laut Umfragen fast 23 seiner bisher 50 Parlamentssitze verlieren könnte, ist unwahrscheinlich. Blieben noch die Ciudadanos, die aus dem Stand bis zu zwölf Abgeordnete bekommen könnten. Aber von Koalitionen will Diaz nichts wissen: „Ich bin angetreten, um eine absolute Mehrheit zu gewinnen. Nicht um zu paktieren“.