Griechenland - Merkel: Geld schon vor Umsetzung aller Maßnahmen drin
Brüssel/Athen (APA/dpa/AFP) - Nach der Annäherung im Euro-Schuldenstreit mit Griechenland beim abgelaufenen EU-Gipfel am Donnerstag und Frei...
Brüssel/Athen (APA/dpa/AFP) - Nach der Annäherung im Euro-Schuldenstreit mit Griechenland beim abgelaufenen EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag - Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ortete danach ein Zueinanderfinden - kann der Besuch von Regierungschef Alexis Tsipras in Berlin nach den Worten der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch keinen Durchbruch bringen. Am Montag gebe es ein deutsch-griechisches Treffen.
„Das ist nicht der Platz, an dem irgendwelche Listen abgegeben werden von Reformvorschlägen, denn die müssen bei den Institutionen abgegeben werden und nicht bei Deutschland“, sagte Merkel am Freitag zum Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel. Sie machte aber deutlich, dass die griechische Reformagenda dennoch zur Sprache kommen werde.
Athen könne laut Merkel aber schon auf erste Kreditauszahlungen aus seinem Hilfsprogramm hoffen, bevor alle vereinbarten Reformen vom griechischen Parlament verabschiedet sind. Einige Maßnahmen müssten zuvor rechtlich umgesetzt werden, andere würden „auf einer Zeitachse vereinbart“ und müssten daher erst später durchs Parlament.
Die Europartner geben dem hoch verschuldeten Griechenland also noch einmal eine Chance, dringend benötigte Milliardenkredite zu erhalten. Tsipras sicherte in Brüssel zu, in den nächsten Tagen eine vollständige Liste mit eigenen Reformvorschlägen vorzulegen. Dies ist Voraussetzung für die Geldgeber, noch verfügbare Milliardenhilfen aus dem verlängerten Hilfsprogramm freizugeben. Ansonsten droht Griechenland in Kürze der Staatsbankrott.
Ein Datum für die Vorlage der Reformliste steht aber nicht in der gemeinsamen Erklärung der Präsidenten von EU-Rat, EU-Kommission und Eurogruppe. Bisher war davon die Rede gewesen, das Programm bis Ende April abzuschließen. Das könnte für Athen aber zu spät sein. Welche Reformen das sind, ist offen. Griechenlands Tsipras hat Schritte ausgeschlossen, die die eigene Wirtschaftskraft gefährden könnten.
Der Mini-Gipfel zu Griechenland am Rande des EU-Gipfels in Brüssel hatte nach Ansicht von Bundeskanzler Faymann eher eine psychologische und politische Wirkung, wieder zueinander zu finden. „Mehr kann ich aus dem Ergebnis nicht herauslesen“, sagte Faymann am Freitag zum Abschluss des Gipfeltreffens.
Faymann sagte, er hoffe, dass Griechenland unterstützt werde „und nicht ein paar darauf warten, dass sie scheitern“, um belegen zu können, dass die Wahl der Linksregierung falsch gewesen sei. Wie die von Griechenland zu erstellende Reformenliste ausschaue, habe sich in der Nacht auf Freitag noch nicht geklärt. „In einem politischen Gespräch kann man den Motor anwerfen, dass man wieder zueinander kommt.“
Der EU-Ratsvorsitzende Donald Tusk bezeichnete die Diskussion um Griechenland beim Gipfel als eine Art „reality check“. Der griechische Premier Alexis Tsipras „wollte eine bestimmte Soforthilfe und nach der Sitzung haben wir ein besseres Verständnis bekommen, wie heikel die politische Situation in Athen ist“.
Jedenfalls sei es gelungen, bei dem Mini-Gipfel mit Deutschlands Kanzlerin Merkel und Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande sowie den Spitzen von Kommission, Rat, EZB und Eurogruppe zu „mehr Vertrauen“ zu gelangen. „Alle verstehen jetzt viel besser, dass man vor allem Vertrauen bei dem komplizierten Verfahren braucht“, so Tusk. Dies sei auch wichtig für die künftigen Arbeiten in Brüssel und Athen, „wir sind jetzt realistischer und vertrauen uns gegenseitig mehr“.
Der Plan ist Voraussetzung für die Geldgeber, um noch verfügbare Milliardenhilfen (7,2 Mrd. Euro) aus dem verlängerten Hilfsprogramm freizugeben. Die Vorschläge müssen an die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und den Internationalen Währungsfonds IWF (also die „Ex-Troika“) gehen.
Alle Seiten verweisen noch einmal auf die Vereinbarung vom 20. Februar, die das Hilfsprogramm gegen Reformzusagen Athens um vier Monate verlängert hatte. Nach den Verstimmungen der letzten Tagen beschwört die Erklärung ausdrücklich, dass in einem „Geist des gegenseitigen Vertrauens“ gearbeitet werde. „Wir sind alle bereit, die Arbeit zu beschleunigen und so schnell wie möglich abzuschließen“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung aus der Nacht.
Die Präsidenten betonen, dass die griechischen Behörden die Verantwortung für die Reformen haben werden. In der Praxis sollen die politischen Gespräche in Brüssel stattfinden, die Feststellung des Sachverhalts vor Ort in Athen. Die Finanzminister der 19 Euroländer stünden jederzeit bereit, zu Entscheidungen zusammenzukommen.