Anzeichen für neue Gewalteskalation in der Ostukraine

Moskau/Donezk (APA/dpa/Reuters) - In der Ukraine-Krise droht nach der Ankunft der ersten westlichen Militärausbildner im Land und wegen der ...

Moskau/Donezk (APA/dpa/Reuters) - In der Ukraine-Krise droht nach der Ankunft der ersten westlichen Militärausbildner im Land und wegen der brüchigen Waffenruhe im Konfliktgebiet Donbass eine neue Eskalation der Gewalt. Bei einem Beschuss durch die ukrainische Armee seien drei Aufständische getötet worden, teilten die prorussischen Separatisten am Freitag mit.

Nach Darstellung von Separatistenführer Alexander Sachartschenko bereitet die Führung in Kiew einen Angriff auf den Donbass vor. Die Truppenstärke der Armee an der Front übersteige bereits 30.000 Mann. „Sie stählen ihre Kriegsmuskeln“, sagte Sachartschenko und warnte vor einem Scheitern des am 12. Februar in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbarten Friedensplans.

Der russische Präsident Wladimir Putin forderte die Führung in Kiew zur Einhaltung des Minsker Abkommens auf. Der Friedensplan sei eine „echte Möglichkeit für eine Deeskalation“, sagte er. Die Separatisten und Kiew beschuldigen sich gegenseitig, das Abkommen zu brechen.

Die schleppende Umsetzung der Minsker Vereinbarungen hat für Russland eine Verlängerung der EU-Wirtschaftssanktionen zur Folge. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten beschlossen bei einem Gipfeltreffen am Donnerstag in Brüssel, die zunächst bis Ende Juli befristeten Strafmaßnahmen erst dann aufzuheben, wenn der Friedensplan komplett erfüllt ist.

Zu einer möglichen Reaktion Russlands sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, Russland werde im Sinne des nationalen Interesses reagieren, Gegensanktionen seien derzeit kein Thema. Die „Sanktionsrhetorik“ sei destruktiv. Mit Blick auf die westlichen Militärausbildner in der Ukraine warnte er vor einem neuen Aufflammen der Gewalt.

Russland hat laut der Tageszeitung „Iswestija“ als Antwort auf die Sanktionen mehr als 200 westliche Politiker auf eine geheime Einreiseverbots-Liste gesetzt. Größtenteils handle es sich um Politiker, Beamte und Persönlichkeiten aus Nordamerika und der Europäischen Union, die offen „russlandfeindliche Ansichten“ propagierten. 13 Kanadier, 15 Ungarn und 60 US-Amerikaner seien von den Sanktionen betroffen. Russische Botschaften haben laut Zeitung zusätzlich den Auftrag erhalten, Listen mit „russlandfeindlich gestimmten Ausländern“ mit Vermögen in Russland zu erstellen. Über womöglich betroffene Österreicher liegen bisher keine Informationen vor.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wies die scharfe russische Kritik an den EU-Beschlüssen zur Sanktionspolitik zurück. „Sanktionen werden verhängt, wenn es einen bestimmten Anlass gibt. Sie können nur aufgehoben werden, wenn der Anlass nicht mehr existiert“, sagte Merkel am Freitag nach Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel.

Das US-Verteidigungsministerium kündigte an, möglicherweise schon im April 290 US-Ausbildner in der Westukraine zu stationieren. Sie sollen Soldaten der ukrainischen Nationalgarde beibringen, wie sie Infrastrukturobjekte schützen und auf Raketenbeschuss reagieren können, wie Pentagonsprecher Steve Warren in Washington sagte.

Am Schwarzen Meer hatten bereits 35 britische Armeeangehörige mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten begonnen. Kiew hatte in dieser Woche den Aufenthalt von bis zu 1.000 ausländischen Soldaten erlaubt.

Um den Friedensprozess für die Ostukraine voranzubringen, rief der russische Außenminister Sergej Lawrow die Konfliktparteien zu direkten Gesprächen auf. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte nach einem Telefonat Lawrows mit seinem deutschen Kollegen Frank-Walter Steinmeier, dass für die ukrainische Regierung solche Treffen auf Augenhöhe mit Separatisten „aus nachvollziehbaren Gründen“ schwierig seien. Dafür sei die Ukraine-Kontaktgruppe ins Leben gerufen worden. Diese besteht offiziell aus Kiew, Moskau und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), es ist aber eine Plattform, in welche die Separatisten eingebunden sind.

Für kommende Woche ist ein Vierer-Treffen der Vize-Außenminister Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine und Russlands zum Ukraine-Konflikt geplant. Details waren zunächst nicht bekannt.

Der frühere sowjetische Staatsführer und Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow forderte erneut eine friedliche Lösung des Konflikts. Der 84-Jährige mahnte den Westen, Russland nicht zu isolieren. Russland könne einen bedeutenden Beitrag zur Beseitigung des „globalen Chaos“ leisten, schrieb er in der Regierungszeitung „Rossijskaja Gaseta“.

(Grafik 0354-15, Format 88 x 160 mm)