„Typischer Spät-68er“: Politologe Claus Leggewie wird 65

Essen (APA/dpa) - Wie können wir den Klimawandel bewältigen, und welche Chancen bietet eine multikulturelle Gesellschaft? Mit solchen Fragen...

Essen (APA/dpa) - Wie können wir den Klimawandel bewältigen, und welche Chancen bietet eine multikulturelle Gesellschaft? Mit solchen Fragen setzt sich der deutsche Soziologe und Publizist Claus Leggewie auseinander. Am 27. März wird er 65 Jahre alt.

Vieles an seiner Lebensgeschichte sei „typisch Spät-68er“, seine Leidenschaften für Fußball und Autos ziemlich deutsch, bekennt Leggewie in seiner Autobiografie. Anderes falle allerdings aus der Rolle. So beschreibt sich der Professor für Politikwissenschaften selbst als „antikommunistischen Linken, katholisch fühlenden Agnostiker, angeschlossenen Außenseiter und respektvollen Grenzverletzer“. Dass pünktlich zu seinem Geburtstag seine bisherigen Lebenserinnerungen erschienen sind, hat weniger persönliche Gründe - Leggewie ist gesundheitlich fit und steht unter anderem als Leiter des Kulturwissenschaftlichen Instituts in Essen mitten im Beruf.

„Das ist ein Bericht über einen Abschnitt zwischen 1950 und 2014, von dem mich bisweilen das Gefühl beschleicht, dass er nun wie eine Zwischenkriegszeit vorübergehen könnte“, erklärt er. „Wer in Trümmern aufgewachsen ist, wird die Furcht vor einer Wiederkehr des Krieges nicht los.“

Seine Kindheit in Köln bezeichnet Leggewie als „glücklich und unbesorgt“. Er liebte die Spaziergänge mit dem Vater, einem Gymnasialdirektor, seine Mutter animierte ihn früh zum Schreiben. Seine politischen Erinnerungen beginnen 1959, als er im Alter von neun Jahren geschockt eine Hakenkreuz-Schmiererei an der Kölner Synagoge sieht.

Nach dem Studium in Köln und Paris folgten eine akademische Karriere an der Universität Göttingen und erste Lehrstühle in Gießen, Paris-Nanterre und New York. Seit 2008 sitzt Leggewie im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen. Bei seiner Forschung beschäftigt er sich unter anderem mit den politischen Kulturen der Weltgesellschaft und den Herausforderungen des Klimawandels.

Leggewies Familienleben gleicht einem Generationen übergreifenden Patchwork: Schon mit 25 Jahren wird er Vater - als er den kleinen Sohn seiner damaligen Frau adoptiert. Seine leibliche Tochter wird geboren, als er längst Professor und 53 Jahre alt ist.

Politisch habe er sich nie an ein linkes oder rot-grünes Lager gekettet, betont Leggewie im Gespräch. Er urteile nicht in Grenzen nach dem Motto: „Was müsste ich jetzt denken, weil ich links bin“. „Wäre Helmut Kohl nicht mehr Kanzler gewesen, hätte mir schon früh eine schwarz-grüne Koalition eingeleuchtet, in der sich wohlverstandener Konservatismus am ehesten mit ökologischer Modernisierung hätte verbinden können.“

Zugleich gelte, dass auch das Private politisch sei, „und das zeigt sich auch an meinen speziellen Vorlieben für populäre Kultur, Fußball und Autos“. Obwohl er ein großer Fan ist, tritt Leggewie 2012 beim 1. FC Köln aus. Zu groß sei sein Ärger darüber gewesen, wie die Vereinsführung Kevin Pezzoni im Stich gelassen habe, als der Profi den Schmähungen von besonders fanatischen Anhängern ausgesetzt gewesen sei.

(S E R V I C E - http://www.leggewie.de )