Hypo-U-Ausschuss

Justiz kann Akten nicht rechtzeitig liefern

Die Bankzentrale der Hypo Alpe Adria in Klagenfurt, aufgenommen Anfang 2014.
© APA

Der Hypo-U-Ausschuss im Nationalrat wartet auf die ersten Akten. Die umfangreiche Anforderung bereitet den Ministerien aber Probleme.

Von Wolfgang Sablatnig

Wien –Das der Tiroler Tageszeitung vorliegende Schreiben von Justizminister Wolfgang Brand-stetter an Nationalratspräsidentin Doris Bures trägt das Datum 18. März. Auf zweieinhalb Seiten beschreibt der Minister die technischen und rechtlichen Probleme mit der Aktenanforderung für den Hypo-Untersuchungsausschuss. Und er schließt mit einer für die Parlamentarier unerfreulichen Mitteilung: Selbst bei „größtmöglichem Einsatz“ aller Beteiligten werde es nicht möglich sein, die Vier-Wochen-Frist für die Aktenlieferung einzuhalten. Nur Teillieferungen könnten starten.

Der U-Ausschuss gerät damit schon zu Beginn ins Holpern. Technisch ist es der schiere Umfang der Daten, der die Staatsanwälte und Kanzleimitarbeiter an ihre Grenzen stoßen lässt. Brandstetter listet insgesamt zwölf Strafakten bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt und der Korruptionsstaatsanwaltschaft auf, die mit der Hypo in Zusammenhang stehen.

Allein der Stammakt der Staatsanwaltschaft Klagenfurt betreffe bis zu 100 Verfahrenskomplexe und nenne mehr als 100 Beschuldigte. Die Justiz habe ihre Unterlagen in 155.717 Dateien gespeichert, sortiert in 24.183 Ordner. Die Datenmenge betrage 328 Gigabyte.

Zum Vergleich: Dieser Umfang entspricht 70.000 Bibeln. Insgesamt, inklusive allem bei Durchsuchungen gesammeltem Material, hat allein der Klagenfurter Stammakt 6,7 Terabyte, also 20-mal so viel.

Dazu kommt, dass Bures den Ministerien Vorgaben gemacht hat, wie sie die Daten ans Parlament liefern sollen, und zwar als Word-, PDF- oder Excel-Dateien. Brandstetter bedauert: Das Material liege großteils nicht in diesem Format vor. Der Aufwand sei daher beträchtlich: „Nach den bereits eingeholten Erkundigungen benötigt ein dafür spezialisierter Sachverständiger bei dieser Datenmenge allein zur Erstellung einer einzigen Aktenkopie bereits mindestens sechs Werktage.“

Der Justizminister macht zudem auf juristische Probleme aufmerksam, „der guten Ordnung halber“, wie er schreibt: Unterlagen, welche die Staatsanwaltschaften auf dem Weg der Rechtshilfe aus anderen Staaten bekommen haben, könnten nicht einfach weitergeleitet werden. Das Justizministerium müsse daher mit den betroffenen Ländern abklären, ob eine Freigabe möglich sei.

Und zumindest eine abschlägige Antwort hat Brandstetter bereits erhalten: „Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein hat dazu bereits mitgeteilt, dass nach liechtensteinischem Recht die Leistung von Rechtshilfe in Strafsachen an einen ausländischen Untersuchungsausschuss unzulässig sei.“

Die Datenmenge stellt aber auch das Parlament vor eine große Herausforderung. Im Beweisbeschluss sind neben dem Justizministerium 23 weitere Institutionen angeführt, die „Akten und Unterlagen“ liefern sollen. Laut Beweisbeschluss des U-Ausschusses ist darunter sämtliches einschlägiges Material zu verstehen, bis hin zu E-Mails, Protokollen, Kalendereintragungen sowie Einsichtsbemerkungen.

Exakte Vorgaben seitens des Parlaments und der Nationalratspräsidentin für die Kennzeichnung sollen helfen, in diesem Wust an Daten den Überblick zu behalten. Die auskunftspflichtigen Stellen sollen ihre Dokumente zu diesem Zweck auch einer der 52 Fragen des Beweisbeschlusses zuordnen. Ausschuss-Insider befürchten durch diese Vorgabe Verzögerungen bei der Anlieferung. Dies umso mehr, als im Beweisbeschluss nur von der Zuordnung zu einem der drei Hauptkapitel des Ausschusses – Hypo und Aufsichtsbehörden vor der Verstaatlichung, die Verstaatlichung selbst, Handlungen und Unterlassungen danach – die Rede war.

Der Justizminister bedauert: Das Fürstentum Liechtenstein stimmt der Freigabe von Justiz-Daten an den Nationalrat und den Hypo-Ausschuss nicht zu.
© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Verwandte Themen