Bühne

Lodernde Texte, große Nachtmusik

© OFT

Das Osterfestival Tirol legte Spuren zwischen Max Reger, Georg Trakl und Johann Sebastian Bach.

Von Ursula Strohal

Hall –„Trakl, Reger“ als Motto eines Rezitationskonzertes – wer löst die Assoziation aus? Reger, Trakl: Was für eine Kombination für die Eröffnung des Osterfestivals 2015. Die Haller Pfarrkirche öffnete sich dem Orgelkosmos von Max Reger, dessen unterirdisch schwieriges Orgelwerk nicht nur Technik und musikalische Kenntnis voraussetzt, sondern auch die Abstimmung mit dem jeweiligen Raumklang. Weniger gnädig war die voll besetzte Kirche mit Anne Bennent, verwischte ihre Gedichtrezitation, ging mit ihrem Kollegen Christian Reiner freundlicher um, der besser zu verstehen war für die Zuhörer, die nur hören, nicht auch die Trakl-Texte mitlesen wollten. Wenn sie gemeinsam lasen, war es ein Schattenspiel.

Der Musiker Max Reger, 1916 durch das Gift alkoholgeschwängerter Arbeitsüberlastung 43-jährig an Herzstillstand gestorben. Georg Trakl, 1914 durch eine Überdosis Kokain 27-jährig an Herzstillstand gestorben. Mit dem eröffnenden Gedicht „Blutschuld“ und der d-Moll-Heftigkeit der Introduktion und Passacaglia verschränkte dieser Abend intensiv die beiden Welten, die zusammenzubringen Horizonte verschob. Auf dem Weg zur gemeinsamen Mündung Tod hat sich jeder seinem toxischen Farbtaumel hingegeben, und beide haben auf frühe Formen zurückgegriffen, wie Regers erwähnte Passacaglia sowie Toccata und Fuge op. 50/5 und Trakls „Psalm“ zeigten. Trakl wuchs evangelisch auf, Reger, tief katholisch, war zu evangelischen Chorälen hingezogen, Beispiele aus seinen Choralvorspielen waren zu hören.

Rüdiger Görner, der 2014 eine herausragende Biografie des Dichters veröffentlichte, schrieb und zitierte Sätze wie „Lyrik ist Wissen von Unbewusstem“, die auch für Regers Musik aufgehen. Viel von Trakls Manischem, Dunkelschwarzem, Farbloderndem findet sich in dieser Musik, da ist in vielem aber auch das Bewusstsein von Schönheit, die man in Trakls Gedichten über allem Kryptischen wohl nicht überlesen darf.

Die brillanten Organisten Hannes Christian Hadwiger und Michael Schöch haben die Kompetenz für Reger und erweckten den Wunsch nach mehr.

Regers intensive Arbeit an Johann Sebastian Bach hatte am folgenden Samstagabend ihren Nachhall, als Marinette Extermann im Salzlager auf einem Nagel-Cembalo die Goldberg-Variationen spielte.

Die nunmehr weißhaarige Grande Dame der Orgel und des Cembalos gliederte die 30 Variationen durch zehnmaliges Entzünden je einer Kerze. Ihr Spiel war von großer Klarheit und Introvertiertheit, aus anderer Welt. Sie spricht auch von einer „Großen Nachtmusik“, die Bach da einem Schlaflosen geschrieben hat, von den nachts träger verrinnenden Stunden. Diesem Zeitgefühl opferte sie im Langsamkeits-Rekord von 98 Minuten Virtuosität und manchen tänzerischen Anklang. Sie charakterisierte durch Inhalt und Farbe, nicht durch Tempo.

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