Obama kritisiert Netanyahu und warnt vor „Verfall der Demokratie“
Kurz vor der Wahl hatte Israel Regierungschef Netanyahu einen Palästinenserstaat ausgeschlossen, später beleidigte er arabische Wähler. Trotz seines Rückziehers nach der Wahl muss er sich vom US-Präsidenten harsche Kritik gefallen lassen.
Washington – US-Präsident Barack Obama hat den israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu öffentlich für seinen Wahlkampf kritisiert. Die von Netanyahu kurz vor dem Urnengang gemachten Äußerungen über arabische Wähler stünden im Gegensatz zum „Besten“, was der israelischen Tradition eigen sei, sagte Obama der Huffington Post vom Samstag.
Die israelische Demokratie verspreche jedem Bürger im Land Gleichheit und faire Behandlung. Dieser Gleichheitsgrundsatz sei aus seiner Sicht das „Beste“ an der israelischen Demokratie, sagte Obama in dem am Freitag geführten Interview. Sollte dieses Prinzip aufgegeben werden, werde das nicht nur denjenigen Auftrieb geben, die nicht an einen jüdischen Staaten glaubten, sondern den Verfall der Demokratie in Israel einleiten, warnte der Präsident.
Netanyahu hatte kurz vor der Wahl auf seiner Facebook-Seite vor „Scharen“ arabischer Wähler gewarnt, die der Opposition zum Sieg verhelfen könnten.
„Chaotische Situation in Region“ verhindern
Zugleich kritisierte Obama Netanyahus harte Haltung gegenüber den Palästinensern. „Wir nehmen ihm beim Wort, wenn er sagt, dass es (die Gründung eines Palästinenser-Staats) während seiner Regierungszeit nicht geschehen werde, und deshalb müssen wir andere vorhandene Optionen prüfen, um sicherzustellen, dass wir keine chaotische Situation in der Region erleben“, sagte Obama.
Offenbar im Bemühen um Stimmen aus dem rechten Lager hatte Netanyahu kurz vor der israelischen Parlamentswahl am Dienstag erklärt, dass es in seiner Amtszeit keinen Palästinenser-Staat geben werde. Damit war er von seiner 2009 verkündeten Zustimmung zur Zweistaatenlösung öffentlich abgerückt. Netanyahus konservative Likud-Partei ging als stärkste Kraft aus der Wahl hervor.
In Interviews mit US-Fernsehsendern nach der Wahl vollzog der Ministerpräsident jedoch erneut eine Kehrtwende. Er habe lediglich gesagt, dass die Bedingungen für einen Palästinenser-Staat „derzeit nicht erreichbar sind“, sagte Netanyahu im Sender Fox News. Auch im Radiosender NPR beteuerte der er, grundsätzlich eine Zweistaatenlösung anzustreben. (APA/AFP)