„DDLJ“: Tausendmal die gleiche Bollywood-Romanze
Mumbai (Bombay) (APA/dpa) - Auf der Leinwand im Kino Maratha Mandir in Mumbai greift Shah Rukh Khan zur Mandoline. Die Zuschauer im Saal joh...
Mumbai (Bombay) (APA/dpa) - Auf der Leinwand im Kino Maratha Mandir in Mumbai greift Shah Rukh Khan zur Mandoline. Die Zuschauer im Saal johlen, als die Töne des Liedes erklingen. Dann rennt Schauspielerin Kajol im Nachtkleid durch ein Senffeld, und der Saal tobt. Die meisten Zuschauer haben „Dilwale Dulhania Le Jayenge“, den sie in Indien kurz „DDLJ“ nennen, schon vielfach gesehen - der Filmvorführer schon über 1.000 Mal.
Kein anderer Bollywood-Schinken läuft in Indien länger durchgängig in einem Kino als „DDLJ“, der übersetzt so viel heißt wie: Der mit dem mutigen Herzen wird die Braut mitnehmen. Täglich um 11.30 Uhr flackert er im Maratha Mandir über die Leinwand.
Vor einigen Wochen wollte der Kino-Betreiber den Film aus dem Programm nehmen, nach fast 20 Jahren Spielzeit. „Die Menschen haben mich angerufen, sie kamen persönlich vorbei, legten die Hände aneinander, gingen auf die Knie, und flehten mich an, ihn weiter laufen zu lassen“, erzählt Kino-Manager Manoj Pandey.
Also läuft „DDLJ“ weiter. Noch immer strömen die Menschen herbei, um eine der größten Liebesgeschichten des indischen Kinos zu sehen. „Der Film ist voller patriarchalischer Ideale, er ist wirklich verkorkst, aber egal, ich liebe ihn einfach“, erzählt die 27-jährige Vrinda Maheshwari. „Shah Rukh Khan ist darin so süß, so charmant“, schwärmt sie. Ihr Freund hingegen erträgt nur missmutig, wie der Filmheld ständig der Filmheldin nachstellt. „Der Film lehrt indische Männer, sich wie Stalker zu verhalten“, grummelt er.
Tatsächlich ist Superstar Shah Rukh Khan 189 lange Minuten damit beschäftigt, Kajol durch London, die Schweiz und Indien zu verfolgen. Geküsst wurde 1995 auf der Leinwand noch nicht - kurz bevor sich also die Lippen im Senffeld berühren, wird Kajol ins Haus gerufen. „Fast jeder in Indien muss heute an diesen Film denken, wenn er ein Feld voller gelber Blüten sieht“, meint Zuschauerin Deepshikha Sahu.
Die Lieder und viele der Dialoge des Films haben sich ins kollektive Gedächtnis Indiens eingebrannt. „Normalerweise jubeln die Zuschauer im Kino nur, wenn sich die Filmheldin auszieht“, sagt Maheshwari. „Bei „DDLG“ aber johlen die Menschen wegen der Text-Zeilen“, erklärt sie. Die 27-Jährige lebt eigentlich in Neu Delhi und ist derzeit für eine Hochzeit in Mumbai (früher: Bombay). Doch statt bei den Vorbereitungen zu helfen, hat sie sich am Sonntagmorgen ins Kino davongestohlen - um „DDLG“ zum 30. oder 40. Mal zu sehen.
Einige Reihen hinter ihr, in dem etwas abgewetzten Kino aus dem Jahr 1958, tief in den plüschigen roten Sesseln versunken, sitzt Janki Nathani. Die ältere Dame mit Perlenkette hat den Film zuvor nur ein einziges Mal gesehen, vor 20 Jahren, als er erstmals in die Kinos kam. „Und jetzt habe ich ihn wieder genauso genossen wie damals, jede einzelne Minute davon“, sagt sie.
Wie lange der Film noch laufen soll, darüber schweigt sich Manager Pandey aus. Seit einem Jahr werde „DDLJ“ digital gezeigt - damit ist der Weg in die Zukunft gebahnt. Zuschauer Siddhartha Garud (24) ist sich sicher, dass die Menschen auch weiter ins Maratha Mandir gehen - und sei es nur aus dem einzigen Grund, dass „DDLJ“ schon so lange gezeigt werde. „Das ist wie bei einem Lied, das ständig im Radio läuft. Egal, ob es gut ist oder nicht: Wenn es immer wieder gespielt wird, bleibt es ein Hit.“
Dabei liefert die indische Filmindustrie durchaus Nachschub, kommen doch jährlich rund 1.000 Spielfilme auf den Markt. Die oft schwülstigen und musikreichen Bollywoodfilme (ein Kunstwort aus dem alten Städtenamen von Mumbai, Bombay, und Hollywood) geben seit über 100 Jahren Mode- und Musiktrends vor. Aber nicht immer schaut dabei ein „DDLJ“ heraus.