Deutsche Wirtschaft steht bereit für Indiens Boom
Berlin (APA/Reuters) - Indien steht vor einem Wirtschaftsboom. Geht es nach der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), hat der große Wachstumss...
Berlin (APA/Reuters) - Indien steht vor einem Wirtschaftsboom. Geht es nach der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), hat der große Wachstumsschub schon begonnen. Auf 7,8 Prozent im neuen und 8,2 Prozent im darauffolgenden Finanzjahr (bis 31. März) schätzt die Bank den Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in dem Schwellenland.
Der globalen Wachstumslokomotive China, die bei der deutschen Wirtschaft in den vergangenen Jahren im Vordergrund stand, läuft Indien damit den Rang ab. Allerdings: Oft genug habe das Land die hohen Erwartungen enttäuscht, machte der Chef des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Hubert Lienhard, in einem Reuters-Interview deutlich. Seine Hoffnungen ruhen auf dem neuen Ministerpräsidenten Narendra Modi. „Wir warten und setzen darauf, dass mit Modi nun ein Aufbruch kommt“, sagte Lienhard. Denn Indiens Wachstumsmöglichkeiten seien gigantisch.
Als Partnerland der diesjährigen Hannover Messe Mitte April will Indien zweifelnde Investoren für sich gewinnen. Dass die deutsche Wirtschaft das Land zu lange habe links liegen lassen, wies Lienhard zurück. „Die deutsche Industrie hat einfach festgestellt, dass in Indien bis dato zu wenig lief, und sich daher stärker den Märkten gewidmet, die mehr Dynamik aufwiesen.“ Dazu gehörte insbesondere China. „Indien hat ein Riesenpotenzial - aber darüber sprechen wir schon seit 1991“, erläuterte der Chef des Technologiekonzerns Voith. Diese Möglichkeiten seien in der jüngeren Vergangenheit bei weitem nicht ausgeschöpft worden.
Nun jedoch, so hoffen Lienhard und die rund 1.800 deutschen Firmen in dem Land, soll alles anders werden. Die Wende versprechen sie sich von dem als wirtschaftsfreundlich geltenden Regierungschef Modi. „Meine Botschaft an den indischen Ministerpräsidenten wird sein: Herr Modi, wir sind bereit. Wenn Indien wächst, wachsen wir mit und werden investieren“, sagte Lienhard.
Deutschlands Warenaustausch mit Indien ist mit 16 Mrd. Euro vergleichsweise gering. Weshalb die Geschäfte mit dem 1,3-Milliarden-Einwohner-Land bis jetzt nicht so recht zündeten, liegt für Lienhard klar auf der Hand: Die Perspektiven für dauerhaftes Wachstum fehlten. Dafür gebe es mehrere Gründe. „Es ist eine Tatsache, dass Indien im Vergleich zu anderen Staaten unter einer sehr komplexen Bürokratie leidet.“ Hinzu komme ein erhebliches Problem durch die Besteuerung. „Das ganz große Thema ist die Infrastruktur“, ergänzte Lienhard. Es fehle an Straßen, Häfen, Schienen und Kraftwerken. „Vieles geht einfach zu langsam“, klagte der Manager.
Indien habe es in erster Linie selbst in der Hand, die Partner im Ausland zu überzeugen. „Die deutsche Wirtschaft kennt Indien, es gibt sehr lange gute Beziehungen. Wir haben auf der politischen Seite hervorragende Beziehungen, die Kulturen passen zusammen“, erläuterte der APA-Vorsitzende auf. „Jetzt muss der Markt anspringen“.