Tsipras spricht über „wunderbare Zukunft“ mit Russland
Seit einiger Zeit kokettiert die griechische Regierung bereits mit Russland. In einem Interview machte Premier Alexis Tsipras dahingehend nun eindeutige Aussagen. EU-Politiker kritisieren ihn scharf.
Athen/Moskau/Brüssel - In einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der russischen Nachrichtenagentur Tass umgarnt Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras die Regierung in Moskau. Den Plan einer intensiveren Zusammenarbeit mit Russland begründet er unter anderem mit dem gemeinsamen Widerstand gegen Deutschland unter Adolf Hitler.
„Unsere Völker haben brüderliche Beziehungen geschmiedet, weil sie einen gemeinsamen Kampf führten in einem historisch kritischen Moment“, sagte Tsipras. Griechen und Russen seien vom Zweiten Weltkrieg am härtesten getroffen worden. Auf den Gemeinsamkeiten gelte es aufzubauen, sagte der Syriza-Chef weiter: „Unsere Länder haben eine glänzende Vergangenheit gemeinsamen Kampfes, wir können auch eine wunderbare Zukunft haben.“
Einfuhrstopp Russlands trifft griechische Bauern hart
Konkret strebt Tsipras eine engere Kooperation im Energiesektor, dem Handel und der Landwirtschaft an. Griechenland wird besonders hart getroffen vom russischen Einfuhrstopp für landwirtschaftliche Produkte aus der EU im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise. Die Einbußen der griechischen Bauern werden auf rund 450 Mio. Euro geschätzt.
Tsipras bandelte im Interview nicht nur mit Russland an, sondern attackierte auch die EU. Deren Sanktionspolitik sei „sinnlos“ und ein „Wirtschaftskrieg, der in die Sackgasse führt“. Er kündigte an, Widerstand gegen eine Verlängerung der Strafmaßnahmen leisten zu wollen. Die EU-Spitzen müssten Griechenland „fragen, bevor sie eine Entscheidung treffen“, so Tsipras.
Treffen Putin-Tsipras in Moskau steht bevor
Am Mittwoch nächster Woche reist Tsipras zu einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Moskau, einen Tag nachdem die EU-Finanzminister zu einer Dringlichkeitssitzung in der Griechenland-Schuldenkrise zusammenkommen.
Deutsche EU-Politiker kritisieren das Verhalten der Athener Regierung. „Das Kokettieren mit Russland erschwert eine konstruktive Lösung mit Europa in den Finanzfragen“, sagte etwa der EVP-Fraktionsvorsitzende im Europaparlament, Manfred Weber gegenüber Spiegel Online. CDU-Europaexperte Gunther Krichbaum warf der Syriza-Regierung vor, „wertvollste Zeit und Vertrauen vergeudet“ zu haben. „Statt bei seinen Genossen in Russland um Hilfe zu bitten, sollte Ministerpräsident Tsipras endlich konkrete und belastbare Reformvorschläge vorlegen“, sagte Krichbaum.
Einigung mit EU „nicht um jeden Preis“
Die bisherigen Reformpläne Athens reichen der EU und der deutschen Regierung für neue Hilfe nicht aus. Tsipras sagte vor dem Parlament in Athen, seine Regierung wolle eine Übereinkunft mit den Gläubigern der Eurozone erreichen, aber „nicht um jeden Preis“. Er strebe einen ehrlichen Kompromiss an. Man könne aber keine bedingungslose Vereinbarung erwarten.
Griechenland ringt seit Wochen mit seinen Gläubigern um den künftigen Reformkurs. Eine Liste mit Änderungsvorschlägen an den bisher vereinbarten Reformen soll Basis sein für die Auszahlung weiterer Hilfen aus dem Rettungspaket der Eurozone und des IWF. Insgesamt geht es um 7,2 Milliarden Euro aus dem Ende Juni endenden Hilfspaket in Höhe von 240 Milliarden Euro. Das Land braucht Geld, um Schulden zu bedienen und Löhne und Gehälter zu zahlen. Ohne die Überweisung droht im April die Staatspleite. (siha, Reuters/APA)