Gefahren für Sicherheit von Lebensmitteln unterschätzt
1,5 Millionen Kinder sterben weltweit an durch die Nahrung übertragenen Krankheiten. Die Weltgesundheitsorganisation appelliert im Vorfeld des heurigen Weltgesundheitstages an die Politik, ausreichende Systeme und Infrastrukturen für Lebensmittelsicherheit aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
Kopenhagen – Auch in westlichen Industriestaaten – den reichsten Ländern der Erde – kommt es immer wieder zu Ausbrüchen von Lebensmittel-bedingten Krankheiten. Die Lebensmittelsicherheit hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) deshalb zum Generalmotto des diesjährigen Weltgesundheitstages, am 7. April, gewählt. Es geht um die Verhinderung von jährlich rund zwei Millionen Todesfällen.
„Unsichere Lebensmittel, die gefährliche Bakterien, Viren, Parasiten oder chemische Substanzen enthalten, sind für mehr als 200 Krankheiten verantwortlich – das reicht von Durchfall bis zu Krebs. Allein Durchfallerkrankungen im Zusammenhang mit Nahrungsmittel und Wasser töten pro Jahr geschätzte zwei Millionen Menschen. Viele Kinder sind darunter“, schrieb die WHO aus Anlass des Weltgesundheitstages am kommenden Dienstag. Man geht von 1,5 Millionen Kindern unter den Todesfällen aus.
Übertragbare Krankheiten über Lebensmittel
Direkt über Lebensmitteln übertragbare Krankheiten, Mangel- und falsche Ernährung sowie mit Krankheitserregern oder Chemikalien kontaminiertes Wasser schaffen vor allem in den armen Ländern der Erde eine komplexe Situation, die schwer zurückzudrängen ist. Aus den verschiedenen Faktoren entwickelt sich ein Teufelskreis, der auch die Entwicklung der betroffenen Staaten entscheidend behindert.
Die wichtigsten Risikofaktoren: Bei den Bakterien sind das Salmonellen, Campylobacter und Escherichia coli. Salmonellen, Campylobacter und E. coli sind klassische Erreger von Durchfallerkrankungen via Eier, Geflügel, Fleisch, Wurstwaren etc. E. coli findet man auch in frischem Gemüse, auf Obst etc.
Listerien sind besonders für Schwangere, Babys und ältere Menschen gefährlich. Oft tauchen sie in nicht pasteurisierten Milchprodukten auf. Cholera-Bakterien werden vor allem über kontaminiertes Trinkwasser aufgenommen. Rohe Meeresfrüchte und nicht genügend erhitzte Lebensmittel sind häufig für Norovirus-Ausbrüche verantwortlich, die binnen kurzer Zeit viele Menschen betreffen können (z.B. auf Passagierschiffen, in Schulen, Kindergärten etc.). Vor allem in tropischen Ländern werden auch Parasiten über Lebensmittel übertragen.
Bei den schädlichen Chemikalien stehen natürlich vorkommende Toxine wie Mycotoxine (Aflatoxin/Ochratoxin - Schimmelpilze) im Vordergrund, ebenso Biphenyle, Dioxine etc. Schließlich können auch Schwermetallbelastungen (Blei, Cadmium und Quecksilber) schwere gesundheitliche Probleme auslösen.
WHO will Priorität für Lebensmittel-Sicherheit
Die WHO fordert die Staaten der Welt auf, die Lebensmittelsicherheit zu einer Priorität im öffentlichen Gesundheitswesen zu machen. Ohne entsprechende Vorsichtsmaßnahmen der Konsumenten greifen aber viele Maßnahmen zu kurz, weil Hygiene im Haushalt ein wichtiger Bestandteil der Sicherheitskette ist. Allein schon Händehygiene, das Trennen von frischen und gekochten Lebensmitteln, hohe Kochtemperaturen und die Verwendung von sicheren Nahrungsmitteln könnten einen Gutteil der Probleme verhindern helfen.
Gefahr höher als bisher angenommen
Die Komplexität der Lebensmittelkette erhöht Gefahren für die Sicherheit von Nahrungsmitteln. Das WHO-Regionalbüro gehe davon aus, dass lebensmittelbedingte Erkrankungen deutlich verbreiteter sind als bisher registriert.
„Unsere Lebensmittelkette ist heute länger und komplexer als je zuvor, und demografische, kulturelle, ökonomische und umweltrelevante Entwicklungen – wie die Globalisierung von Handel, Reiseverkehr und Migrationsströmen, die Bevölkerungsalterung, sich verändernde Konsummuster und -gewohnheiten, neue Technologien, Notlagen, der Klimawandel und extreme Wetterereignisse – haben eine Erhöhung der lebensmittelbedingten Gesundheitsrisiken zur Folge“, hieß es in einer Aussendung.
Die Tatsache, dass man unterschätze, wie viele Menschen aufgrund von Chemikalien in der Lebensmittelkette sowie durch weitverbreitete Mikroorganismen wie Salmonella und Campylobacter erkrankten, sollte an vielen Stellen, die in der Lebensmittelkette tätig sind, die Alarmglocken läuten lassen.
Dunkelziffer unterschätzt
Die Überwachungs- und Meldesysteme in der Europäischen Region der WHO seien begrenzt und könnten nur einen Bruchteil der Fälle aufdecken. In Ländern mit weniger fortgeschrittenen Laborkapazitäten und weniger entwickelten Surveillance-Systemen sei die Dunkelziffer besonders hoch. Für eine wirksame Antwort auf solche Gefahren seien bessere Daten erforderlich.
Die Probleme im Bereich der Lebensmittelsicherheit seien durch vielfältige Faktoren bedingt. So gebe es aufgrund der Nachfrage der Verbraucher einen verbesserten Zugang zu einem breiteren Angebot an Lebensmitteln, die außerhalb der normalen Saison produziert, über Kontinente hinweg transportiert, verarbeitet und außerhalb des Haushalts konsumiert werden. Nach Zahlen aus dem Welthandelsbericht 2014 betrug die durchschnittliche jährliche Zuwachsrate im Agrarhandel zwischen 1950 und 2010 etwa vier Prozent und lag damit über der jährlichen Zuwachsrate in der weltweiten Landwirtschaftsproduktion, die zwei betrug. (APA)