Airbus-Absturz - Gesundheitsanforderungen an Piloten exakt definiert
Düsseldorf/Seyne-les-Alpes (APA/AFP) - Im internationalen Luftverkehr sind die medizinischen und psychologischen Anforderungen an Piloten bi...
Düsseldorf/Seyne-les-Alpes (APA/AFP) - Im internationalen Luftverkehr sind die medizinischen und psychologischen Anforderungen an Piloten bis ins Detail verbindlich geregelt. Auf europäischer Ebene setzt EU-Verordnung 1178/2011 diese Vorgaben um und definiert, welche gesundheitlichen Einschränkungen bei den regelmäßigen Tauglichkeitsprüfungen akzeptabel sind.
Prinzipiell dürfen Bewerber für ein Tauglichkeitszeugnis für Verkehrspiloten keine Erkrankungen, Behinderungen, Operationsfolgen oder Verletzungen aufweisen, welche die sichere Ausübung ihres Berufs gefährden. Ebenso dürfen sie auch keine Medikamente einnehmen, deren Wirkungen oder Nebenwirkungen sie eventuell daran hindern könnten.
In der Verordnung heißt es wörtlich, dass die Bewerber keine gesundheitlichen Einschränkungen haben und keine Arzneimittel benutzen dürfen, „die eine funktionelle Beeinträchtigung eines Ausmaßes nach sich ziehen würden, die die sichere Ausübung der mit der geltenden Lizenz verbundenen Rechte beeinträchtigen.“ Piloten sind verpflichtet, ihre Krankenakte offenzulegen. Zudem werden bei den Prüfungen durch eigens qualifizierte Flugmediziner bestimmte Tests auch selbst durchgeführt.
Die Liste mit Diagnosen, die eine Verwendung als Pilot entweder kategorisch ausschließen oder nur nach einer eingehenden näheren Abklärung und gegebenenfalls mit Einschränkungen gestatten, ist lang. Sie umfasst unter anderem schwere Erkrankungen des Herz-Kreislauf- und des Atemwegssystems sowie Stoffwechselstörungen, Augen- und Ohrenleiden sowie schwere neurologische Auffälligkeiten.
Absolut unvereinbar mit einer Tätigkeit im Cockpit sind demnach etwa koronare Herzkrankheiten, „signifikante“ Herzklappenveränderungen, krankhaft zu hoher oder zu niedriger Blutdruck, insulinpflichtige Diabetes, Epilepsie oder eine Schwäche der Sehschärfe über bestimmte Grenzwerte hinaus.
Bei einer ganzen Reihe von weiteren Diagnosen ist eine Freigabe zwar nicht kategorisch ausgeschlossen, aber an genauere fachärztliche Abklärungen, eine vollständige Ausheilung oder eine Einschätzung durch die zuständige Aufsichtsbehörde geknüpft. Dazu zählen unter anderem Herzrhythmusstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Krebs, Farbenblindheit, Epilepsien ohne Anfallneigungen oder Asthma, das mit Medikamenten behandelt werden muss.
Für psychische und psychiatrische Leiden gilt generell dasselbe wie für körperliche Einschränkungen. Bewerber dürfen ihrer persönlichen Krankengeschichte oder einer klinische Diagnose zufolge keine Auffälligkeiten haben, welche die sichere Ausübung ihres Berufs gefährden könnten.
Prinzipiell ausgeschlossen sind Menschen mit wahnhaften Störungen oder Schizophrenie. Ebenfalls als untauglich zu beurteilen sind zunächst Bewerber mit Störungen, die auf Alkohol- oder Drogensucht zurückzuführen sind, sowie solche, die Selbstverletzungsversuche unternommen haben.
Bei ihnen ist eine spätere Freigabe allerdings nicht ausgeschlossen, sofern Behandlungen erfolgreich beendet wurden und mindestens zufriedenstellende psychiatrische Begutachtungen vorliegen. Dann etwa kann bei Menschen nach einem Selbstmordversuch „erwogen“ werden, sie als tauglich einzustufen. Ein solches Verfahren greift auch bei Patienten mit psychiatrischen Leiden wie Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen.
Die Verordnung legt eindeutig fest, dass Piloten zur vollständigen Kooperation und Offenheit gegenüber den Flugmedizinern verpflichtet sind. Sie dürfen ihre Krankengeschichte nicht verschleiern. Darüber hinaus sind sie zu jedem Zeitpunkt verpflichtet, „unverzüglich“ eine flugmedizinische Beurteilung einzuholen, sobald sie an einer „erheblichen“ Erkrankung leiden, in eine Klinik eingewiesen wurden, mit der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten beginnen oder auch nur eine Brille brauchen.
Die flugmedizinischen Zentren oder die Aufsichtsbehörde dürfen die Flugtauglichkeit erst bescheinigen, wenn die gesamte Krankengeschichte sowie eventuell angeforderte weitere Gutachten vorliegen und alle vorgeschriebenen Tests durchgeführt wurden. Sie haben auch das Recht, von dem Piloten zur Abklärung von Verdachtsfälle genauere Untersuchungen zu verlangen.