Schwere Schäden

Vom Sturm zum Orkan: „Niklas“ wütet über Deutschland

Hohe Wellen am Starnberger See: Orkan "Niklas" ist einer der stärksten Stürme der vergangenen Jahre.
© dpa/Peter Kneffel

Laut den Experten ist er einer der stärksten Stürme der vergangenen Jahre: Orkan „Niklas“. Extreme Windgeschwindigkeiten werden gemessen. Im Ballungsraum Nordrhein-Westfalen fahren keine Nahverkehrszüge mehr.

Berlin – Sturmtief „Niklas“ ist mit Spitzenböen von rund 150 Kilometern pro Stunde zum Orkan geworden. Es sei einer der stärksten Stürme der vergangenen Jahre, sagte Meteorologe Lars Kirchhübel vom Deutschen Wetterdienst (DWD) am Dienstag. Sein Sturm-und Orkanfeld werde im Lauf des Dienstags weite Teile Deutschlands erfassen.

Der DWD gab Unwetterwarnungen für große Teile des Landes heraus. Für Hochlagen des Harzes und die Alpen galten Warnungen vor extremem Unwetter. Der Sturm könne Bäume entwurzeln, Gegenstände durch die Luft wirbeln und schwere Schäden an Gebäuden verursachen. Besonders betroffen waren zunächst Teile von Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt.

Es sei einer der stärksten Stürme der vergangenen Jahre, sagte Meteorologe Lars Kirchhübel vomDeutschenWetterdienst(DWD). Extreme Orkanböen wurden laut dem Wetterdienst in der Früh auf der Zugspitze (164 km/h), dem Feldberg im Schwarzwald (151) und auf dem Weinbiet bei Neustadt an der Weinstraße (148) gemessen. Im Flachland habe es verbreitet Orkanböen von mindestens 118 Kilometern pro Stunde gegeben.

Der Orkan deckte in Norddeutschland Dächer ab.
© dpa/Julian Stratenschulte

Wegen des Sturmtiefs zog die Deutsche Bahn die Notbremse und stoppte am Dienstag den Nahverkehr im bevölkerungsreichsten Bundesland für den gesamtenTag. Regionalzüge und S-Bahnen blieben in den Bahnhöfen stehen. Im Fernverkehr fuhren nur einzelne Züge. Tausende Reisende und Pendler saßen fest. „Wir hoffen den Nahverkehr mit Betriebsbeginn am Mittwoch wieder aufnehmen zu können“, sagte eine Bahnsprecherin in Düsseldorf. Das hänge aber von der weiteren Entwicklung des Sturms ab.

Bäume stürzten auf ICE

Das Ruhrgebiet war vom Bahnverkehr weitgehend abgeschnitten. Der Fernverkehr von Dortmund über Essen und Düsseldorf nach Köln war komplett gestört. Bäume lagen in den Gleisen, Äste hingen in Oberleitungen, einzelne Streckenabschnitte waren komplett ohne Strom. ImFernverkehr fuhren zunächst einzelne Züge zwischenHamm und Berlin sowie südlich von Köln. Die Strecke von Dortmund über Wuppertal nach Köln konnte im Laufe des Vormittags für einzelne Fernverkehrszüge wieder freigegeben werden.

Bei Osnabrück stoppten drei umstürzende Bäume einen mit rund 350 Passagieren besetzten Intercity. Die Bäume trafen den letzten Waggon des Zuges, wie die Bundespolizei mitteilte. Es sei niemand verletzt worden. Der Zug, der auf der Fahrt von Köln nach Bremen gewesen sei, sei nicht aus dem Gleis gesprungen. Der IC sollte am Nachmittag zurück in den Osnabrücker Hauptbahnhof gezogen werden, wo die Reisenden in andere Züge umsteigen sollten.

Bahn stellt Fernverkehr in Bayern komplett ein

Im Bahnverkehr kam es nach Angaben der Deutschen Bahn (DB) in mehreren Bundesländern praktisch flächendeckend zu großen Verspätungen und Zugausfällen. In Bayern wurde nahezu der komplette IC- und ICE-Verkehr von und nach München eingestellt. Die Haupthalle des Münchner Hauptbahnhofs wurde geräumt. Auch die S-Bahn stellte in der bayerischen Hauptstadt vorübergehend den Betrieb ein. Die Maßnahme wurde aus Sicherheitsgründen getroffen. Grund für die großräumigen Probleme im deutschen Bahnverkehr waren Beschädigungen an den Oberleitungen durch umgestürzte Bäume.

Der Viktualienmarkt in München ist wegen des Orkans von der Feuerwehr gesperrt worden. Mindestens zwei Stände seien bereits am frühen Dienstagmorgen zusammengebrochen, sagte Elke Fett, Sprecherin der Viktualienmarkthändler. Trümmerteile, Pflanzen und Schirme seien durch die Luft gewirbelt worden.

Vor allem aber wegen des inmitten des Marktes stehenden Maibaumes sei das Areal von der Feuerwehr abgeriegelt worden. Die Gefahr, dass der Baum kippt oder die daran befestigten Holzfiguren herabfallen, sei zu groß, sagte Fett. „Es kommt wirklich nicht oft, dass wir schließen müssen. Aber bei dem Orkan hat jeder Verständnis dafür.“ Sollte der Sturm schwächer werden, wird der Markt am Mittwoch wieder geöffnet.

Der Münchner Viktualienmarkt wurde gesperrt.
© dpa/Sven Hoppe

Probleme meldete auch Deutschlands größter Flughafen in Frankfurt. Bereits seit dem Morgen kam es zu Verspätungen, am Mittag sprach der Betreiber Fraport von rund 40 ausgefallenen Starts und Landungen.

Vielerorts waren Polizei und Feuerwehr im Einsatz, um umgestürzte Bäume von Autobahnen und Bundesstraßen zu räumen. Im Frankfurter Bahnhofsviertel stürzte ein 15 Meter hohes Baugerüst auf vier parkende Autos, verletzt wurde niemand, wie die Feuerwehr mitteilte. Auch in Rheinland-Pfalz und im Saarland knickte „Niklas“ Bäume und Strommasten um. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd sagte: „Kaum ist der eine Baum aufgeräumt, stürzt der nächste um.“

In mehreren Bundesländern öffneten Freizeitparks und Zoos wegen des Orkans vorsorglich nicht. In Hamburg blieb der Dom, der traditionelle Jahrmarkt, geschlossen. (dpa)

Bäume wurden vom heftigen Sturm umgerissen.
© dpa/Markus Joosten