An der Hand eines Menschen sterben
Innsbruck – Dass die Bioethikkommission des Bundeskanzlers in Ausnahmefällen den assistierten Suizid ermöglichen will, lehnt Bischof Manfred...
Innsbruck – Dass die Bioethikkommission des Bundeskanzlers in Ausnahmefällen den assistierten Suizid ermöglichen will, lehnt Bischof Manfred Scheuer ab. Es habe in der Kommission auch eine qualifizierte Minderheit gegeben, die eine andere Position vertreten hätte. „Grundsätzlich besteht in Österreich der Konsens, dass es ein Sterben in Würde geben soll und deshalb die Palliativmedizin sowie das Hospizwesen ausgebaut wird. Dieser Konsens geht quer durch die Parteien und die gesellschaftlichen Gruppen.“ Was den assistierten Suizid oder das Töten auf Verlangen betrifft, sollte für Scheuer die Gesetzeslage nicht verändert werden. „Denn Aufgabe des Rechts ist es, vor allem jene zu schützen, die selbst nicht mehr zustimmungsfähig bzw. nicht mehr bei Bewusstsein sind.“
Der Bischof streicht im TT-Gespräch diesen Rechtsschutz und die Solidarität der Gesellschaft am Ende des Lebens hervor. „Wird dieser Rechtsschutz aufgehoben, wenn auch nur in Ausnahmefällen, ist der Preis dafür ein sehr hoher. Bei geltender Rechtslage muss jede Situation einzeln beurteilt werden.“ Gleichzeitig müsse man sich die Frage stellen, wie die Veränderung des Rechts eine Veränderung der Grundeinstellung bewirke. „Es benötigt das Bewusstsein, dass das Ende des Lebens zum Leben gehört. Das Lebensende soll mit Würde begleitet werden. Das heißt, nicht durch die Hand eines Menschen zu sterben, sondern an der Hand eines Menschen.“
Auf die Frage, dass es dann beim assistierten Suizid dem Sterbenden nicht ermöglicht werde, dies in Begleitung seiner Angehörigen zu tun, antwortet Scheuer: „Wenn das in psychischen Ausnahmesituationen erfolgt, ist es innerhalb der bestehenden rechtlichen Verhältnisse möglich, dass es nicht bestraft wird.“ Letztlich sollten aber auch die Grenzen der Autonomie diskutiert werden: „Bin ich autonom, wenn ich mir selbst das Leben nehmen kann? Ein solcher Autonomiebegriff übersieht die große Not, die hinter einem Suizid steckt.“ Die konkrete Erfahrung zeige zudem, dass der Trauerprozess von Angehörigen, die jemanden durch Beihilfe zum Suizid verloren hätten, oft sehr dramatisch verlaufe. „Das darf man auch nicht vergessen“, sagt Scheuer abschließend. (aheu, pn)