Französischer Senat stimmte gegen Geldstrafen für Freier
Paris (APA/AFP) - Der Streit um ein neues Prostitutionsgesetz in Frankreich spitzt sich zu: Der französische Senat hat gegen die umstrittene...
Paris (APA/AFP) - Der Streit um ein neues Prostitutionsgesetz in Frankreich spitzt sich zu: Der französische Senat hat gegen die umstrittene Einführung von Geldstrafen für Freier gestimmt. In einer Abstimmung in der Nacht zum Dienstag votierte das von der konservativen Opposition dominierte Oberhaus zudem dafür, an dem gegen Prostituierte gerichteten Straftatbestand des „Kundenfangs“ festzuhalten. Sozialministerin Marisol Touraine will Geldstrafen für Freier trotzdem durchsetzen.
Die Senatoren änderten mit ihrem Votum zwei zentrale Punkte eines Ende 2013 in der Nationalversammlung verabschiedeten Gesetzes. Dieses sah vor, Freiern im Kampf gegen die Ausbeutung von Prostituierten eine Geldstrafe von 1.500 Euro anzudrohen. Dagegen sollte ein Straftatbestand wegfallen, der Prostituierten bisher wegen „Kundenfangs“ zwei Monate Haft und 3.750 Euro Geldstrafe androht.
Der Senat, in dem seit vergangenem September die Opposition das Sagen hat, wollte das aber nicht mittragen und strich die beiden Punkte, obwohl diese Neuregelungen ursprünglich von sozialistischen und konservativen Abgeordneten gemeinsam erarbeitet worden waren. Allerdings hat bei Gesetzentwürfen die Nationalversammlung das letzte Wort und könnte die Änderungen des Senats letztlich wieder verwerfen.
Sozialministerin Touraine betonte am Dienstag im Sender France 2, wenn sich nun die Nationalversammlung wieder mit dem Gesetzentwurf befasse, solle eine Bestrafung von Freiern dort wieder beschlossen werden. Das Senatsvotum sei „absolut unglaublich und verächtlich gegen die Frauen“. Damit würden Prostituierte „nicht zu Opfern, sondern zu Schuldigen gemacht“, sagte die Sozialistin.
Der Straftatbestand des „Kundenfangs“ war 2003 unter dem damaligen konservativen Innenminister und späteren Präsidenten Nicolas Sarkozy gesetzlich verankert worden. Unter Strafe gestellt wurde auch das „passive“ Anwerben von Kunden. Es genügt also, dass Prostituierte sich beispielsweise mit einer als aufreizend empfundenen Kleidung an einschlägig bekannten Orten aufhalten, um sich strafbar zu machen.
Für Kritiker machte das Gesetz Prostituierte nicht nur zu potenziellen Opfern von Polizeiwillkür. Vor allem zwang es die Frauen nach Einschätzung von Hilfsorganisationen, im Verborgenen zu arbeiten und sich damit einer größeren Gefahr auszusetzen. Befürworter halten die Regelung aber im Kampf gegen Zuhälter- und Menschenschlepperbanden für hilfreich, weil die Befragung von Prostituierten den Ermittlern Erkenntnisse liefern könnte.
Bei den Plänen, statt der Prostituierten die Freier zu bestrafen, ist Schweden Vorbild, das diese Maßnahme bereits 1999 einführte. Die sozialistischen Abgeordneten Catherine Coutelle und Maud Olivier betonten, 90 Prozent der Prostituierten seien Opfer von Menschenhandel und sollten aus dieser Form „moderner Sklaverei“ befreit werden.
Allerdings argumentieren Kritiker, dass auch eine Strafandrohung gegen Freier die Prostituierten zwinge, heimlich zu arbeiten und damit in ständiger Gefahr von Gewalt. Zahlreiche Prominente, unter ihnen Filmlegende Catherine Deneuve und der Erfolgs-Schriftsteller Frédéric Beigbeder, haben sich gegen eine Bestrafung von Freiern ausgesprochen - außerdem Prostituiertenverbände und Hilfsorganisationen.
In Frankreich gibt es Schätzungen zufolge rund 30.000 Prostituierte. Die meisten der Frauen kommen aus Osteuropa, Afrika, China und Südamerika.