Airbus-Absturz - Todesopfer sollen bis Sonntag identifiziert sein

Berlin/Düsseldorf/Seyne-les-Alpes (APA/AFP/Reuters) - Bis Ende der Woche könnten alle 150 Opfer der Germanwings-Katastrophe in Frankreich id...

Berlin/Düsseldorf/Seyne-les-Alpes (APA/AFP/Reuters) - Bis Ende der Woche könnten alle 150 Opfer der Germanwings-Katastrophe in Frankreich identifiziert sein. Frankreichs Präsident Francois Hollande sagte am Dienstag in Berlin, dies werde „dank der DNA-Proben“ möglich sein. Ärzte, Psychotherapeuten und Piloten sprachen sich indes gegen eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht aus, nachdem der Copilot eine psychische Erkrankung verschwiegen hatte.

Am Unglücksort in den südlichen französischen Alpen arbeiteten auch eine Woche nach dem Absturz Experten und Hochgebirgspolizisten unter Hochdruck. Dank einer neu gebauten Straße zu dem schwer zugänglichen Gebiet konnten die Arbeiten ab Dienstag noch einmal beschleunigt werden. „Wir arbeiten schneller, länger und wir bringen mehr Proben zurück“, berichtete die Polizei in dem Ort Seyne-Les-Alpes in der Nähe der Absturzstelle. Nach der Blackbox mit den technischen Daten der Maschine wird noch gesucht.

Zuletzt hatte es geheißen, es sei bisher die DNA von 78 der 150 Todesopfer sichergestellt worden. Hollande sagte nun, dass „es bis spätestens Ende der Woche möglich sein wird, alle Opfer dank der entnommenen DNA-Proben zu identifizieren“. Experten hatten zuvor mit einem deutlich längeren Zeitraum gerechnet. Hollande versprach den Familien auch erneut, dass ihnen die sterblichen Überreste ihrer Angehörigen so schnell wie möglich übergeben werden sollten.

In die Unglücksregion sind inzwischen rund 450 Familienangehörige und Freunde der Opfer gereist. „Die Familie des Copiloten ist nicht gekommen“, stellte die Präfektin des Departements Alpes-de-Haute-Provence, Patricia Willaert, klar. Für Ostern seien die Helfer verstärkt mobilisiert, weil wegen der Ferien mit vielen Angehörigen gerechnet werde.

Der Airbus A320 von Germanwings war nach Erkenntnissen der Ermittler vor einer Woche offenbar absichtlich vom Copiloten zum Absturz gebracht worden. Der 27-jährige Deutsche hatte eine Vorgeschichte mit schweren psychischen Störungen bis hin zur Suizidgefahr. Er soll seinen Flugkapitän aus dem Cockpit ausgeschlossen und dann die Maschine auf Sinkflug gebracht haben, bis diese an einer Bergwand in den südlichen französischen Alpen zerschellte.

Die französische Luftfahrtermittlungsbehörde BEA geht nun auch möglichen „Systemfehlern“ nach, insbesondere zum Schließsystem der Cockpit-Türen sowie zu den Kriterien und Abläufen zur Erkennung psychologischer Erkrankungen von Flugpersonal.

In Deutschland wandte sich Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery in scharfer Form gegen die „gefährliche Diskussion“ um eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht. Er warnte vor einer Ausgrenzung psychisch kranker Menschen. Wie Montgomery verwies auch der Bundesvorsitzende der Deutschen Psychotherapeuten-Vereinigung, Dieter Best, darauf, dass „den allermeisten psychisch Kranken“ mit einer Psychotherapie geholfen werden könne. Gegen eine gelockerte Schweigepflicht wandte sich auch der Präsident der Pilotengewerkschaft Cockpit, Ilja Schulz. Er sagte, nur bei einer Schweigepflicht könne der Arzt „echte Hilfe anbieten“.

Der Germanwings-Mutterkonzern Lufthansa sagte unterdessen alle Feierlichkeiten zu seinem 60-jährigen Bestehen „aus Respekt vor den Opfern“ ab. Anstelle der Jubiläumsveranstaltung am 15. April werde der Staatsakt zum Gedenken an die Absturzopfer live für die Lufthansa-Mitarbeiter übertragen, teilte das Unternehmen mit. Die zentrale Trauerfeier im Kölner Dom ist für den 17. April geplant.

Auf die Versicherungsunternehmen kommen nach Schätzungen der Lufthansa Ansprüche von 300 Millionen Dollar zu. Bei der Summe handle es sich um eine vorläufige Schätzung. Der endgültige Betrag könne darüber oder darunter liegen. Den Hauptteil der Kosten werden Schadenersatzzahlungen an die Angehörigen der Passagiere ausmachen. Hinzu kommen weitere Kosten für die Bergungsarbeiten und den Verlust des Flugzeugs, das wegen seines Alters von 24 Jahren noch etwa 6,5 Millionen Dollar wert war. Die Lufthansa zahlt den Hinterbliebenen zunächst bis zu 50.000 Euro je Opfer als Soforthilfe.