Geiger von Welt und Pannonier im Herzen: Toni Stricker wird 85

Wien/Eisenstadt (APA) - Toni Stricker hat mit seiner Geige nicht nur zahllose Musikfreunde beglückt, sondern darf für sich auch in Anspruch ...

Wien/Eisenstadt (APA) - Toni Stricker hat mit seiner Geige nicht nur zahllose Musikfreunde beglückt, sondern darf für sich auch in Anspruch nehmen, als Aushängeschild der „Pannonischen Musik“ gleichsam eine Musikrichtung begründet zu haben. Dabei erzählt der Violinist von Landschaften, Menschen und Gefühlen in einem Stil, den er selbst „Instrumentale Chansons“ nennt. Am Samstag (4. April) feiert Stricker seinen 85er.

Auch wenn diese Feier im kleineren Kreis stattfindet, lädt der nur mehr selten auf der Bühne zu erlebende Musiker am 7. Mai zur Nachfeier. Sein „letztes großes Konzert“ findet im Kulturzentrum Eisenstadt statt, wobei neben Strickers Sextett auch die Streicher des Joseph Haydn Orchesters und Mörbisch-Intendantin Dagmar Schellenberger mit von der Partie sind.

Dabei ist die enge Burgenlandverbindung Stricker keineswegs in die Wege gelegt, wurde der spätere Musiker doch am 4. April 1930 in Wien als Sohn einer musikalischen Familie geboren, in der er früh kroatische Volkslieder und Wiener Musik kennenlernte. Mit sechs Jahren bekam er ersten Geigenunterricht, mit 16 verließ er das Gymnasium, um eine siebenjährige klassische Ausbildung am Konservatorium Wien zu absolvieren. Der Jungmusiker stieg 1953 in die Jazzband Vera Auer ein, wo er prominente Mitstreiter wie Joe Zawinul, Hans Salomon oder Attila Zoller hatte. Als Swing-Geiger spielte Stricker mit seinem ersten eigenen Quintett und musizierte u.a. bei Fatty Georges „Saloon“ und im Wiener Volksgarten.

Stricker nahm ganze Serien von LPs auf und verdiente sich als Komponist von Wienerliedern und Tanzmusik erste Sporen, wurde Konzertmeister im Theater an der Wien (bis 1974) und begann eine Reihe von hochkarätigen Kooperationen: Er komponierte, spielte und arrangierte für Größen wie Peter Alexander, Hans Moser, Paul Hörbiger, Helmut Qualtinger, Andre Heller, Erika Pluhar und Shirley Bassey. 1976 beendete er seine Tätigkeit als Auftragsmusiker und fing einen neuen Lebensabschnitt an, mit dem er bis heute identifiziert wird: Stricker kehrt ins Burgenland und damit „zu meinem Wurzeln“ zurück, wie er es in seiner Biografie selbst beschreibt: Sein Haus in Sauerbrunn liegt nahe dem Geburtshaus des Vaters.

Diesen Werdegang schildert Stricker im Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Buch „Mein Weg nach Pannonien“ (Seifert Verlag), gehört der Schritt doch zu den einschneidendsten Entscheidungen im Leben des Musikers, besann sich Stricker doch im Burgenland auf die „Pannonische Musik“, seine eigene Mischung aus instrumentalen Reflexionen über Natur und menschliche Geschichten. „Andre Heller hat mich damals dazu ermutigt und gesagt: Wenn es keinen Markt gibt, das ist das Beste - weil dann kann man sich einen schaffen und muss nicht einem Trend nachhatschen“, erinnerte sich Stricker einst im APA-Gespräch. Und diese Erschaffung des eigenen Marktes gelingt Stricker, erhält er doch etwa 1981 für „Pannonische Balladen und Wiener Tänze“ den Deutschen Schallplattenpreis. Die LPs „Brot und Wein“ und „Ernte“ (beide von Heller produziert) stehen am Auftakt einer intensiven Schaffensperiode.

Das Spektrum des Umtriebigen blieb zugleich groß und erstreckte sich auch in dieser Phase von Bühnenmusiken, über eine Zusammenarbeit mit Edita Gruberova unter dem Titel „Dialog“ bis zur Musik für TV-Serien (u.a. „Ringstraßenpalais“), Fernsehproduktionen und Filme („Meine Schwester Maria“). Dabei blieb Strickers Wirken bei weitem nicht auf sein Heimatland beschränkt. Den Musiker, der 2008 die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold und 2010 den Amadeus Austrian Music Award für sein Lebenswerk erhielt, führten Tourneen nach Italien ebenso wie in die USA, nach Abu Dhabi oder Großbritannien. Und auch Strickers Herz ist nicht auf das Burgenland beschränkt, verbrachte er mit seiner Frau Sybill doch stets viel Zeit in Südfrankreich.

Das bis dato letzte große Werk veröffentlichte der oft „pannonischer Teufelsgeiger“ genannte Stricker, der auf einem tschechischen Instrument aus dem Jahr 1796 und einer deutschen Geige aus den 1980er-Jahren spielt, im Jahr 2009 unter dem Titel die „Pannonische Messe“. So erwies der Künstler seiner geliebten Wahlheimat noch einmal die Reverenz.

(B I L D A V I S O - Bilder von Toni Stricker wurden am 16. September 2010 über den AOM verbreitet und sind dort abrufbar.)