Atomgespräche - Weitere Nachtrunde im Ringen um Einigung mit dem Iran
Lausanne/Washington/Berlin (APA/dpa/AFP/Reuters) - Bei den Atomverhandlungen mit dem Iran haben die Beteiligten auch nach Ablauf der selbst ...
Lausanne/Washington/Berlin (APA/dpa/AFP/Reuters) - Bei den Atomverhandlungen mit dem Iran haben die Beteiligten auch nach Ablauf der selbst gesetzten Frist nach einer Kompromissformel gesucht. Sowohl die fünf UN-Vetomächte plus Deutschland als auch der Iran wollten ein Scheitern der Gespräche in Lausanne (Schweiz) verhindern. Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier rechnete mit einer weiteren langen Nacht. Die USA zeigten Optimismus.
„Es wird heute Abend neue Vorschläge geben, neue Vorlagen geben. Ob das ausreicht, im Laufe der Nacht zu einer Verständigung zu kommen, kann ich Ihnen nicht prognostizieren“, sagte Steinmeier vor Journalisten in Lausanne. Die Verhandler würden erst Donnerstag früh sehen, wie die Lage sei. Irans Vize-Außenminister Abbas Araqchi (Araghchi) hatte zuvor gesagt, am Ende könne eine gemeinsame Pressemitteilung zu einer möglichen Grundsatzeinigung stehen. „In der würde dann mitgeteilt, dass Fortschritte und eine Einigung in Grundsatzfragen erzielt worden seien“, sagte er. Die Details sollten dann bis Juli ausgehandelt werden.
US-Präsident Barack Obamas Sprecher Josh Earnest erklärte: „Unser Eindruck ist, dass die Gespräche weiter produktiv sind und Fortschritte gemacht werden“. Solange die Delegationen im schweizerischen Lausanne „ernsthafte Gespräche“ führten, die „Fortschritte machen“, werde Washington diese nicht abbrechen. Sollten die Verhandlungen aber feststecken, „dann sind die Vereinigten Staaten und die internationale Gemeinschaft bereit, den Verhandlungstisch zu verlassen“, sagte Earnest.
Obama sei Mittwoch früh erneut über den Verlauf der Atomgespräche informiert worden, hieß es. Am Vorabend hatte der Präsident mit ranghohen Sicherheitsberatern und Mitgliedern seiner Delegation in einer Videokonferenz über den Stand der Verhandlungen beraten. Ursprünglich hatten sich beide Seiten bis Mitternacht am Dienstag auf eine Grundsatzeinigung verständigen wollen. Ein umfassendes Abkommen soll spätestens bis Ende Juni erzielt werden.
In den Verhandlungen will der Westen Garantien dafür, dass das iranische Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Teheran hat stets bestritten, Atomwaffen anzustreben und fordert die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen. Wo genau es hakt, war unklar. Unterschiedlichen Angaben zufolge geht es um Fragen, wie lange und wie weitgehend der Iran sein Atomprogramm einschränken muss. Differenzen gab es auch bei der Frage, wann die gegen den Iran verhängten Sanktionen aufgehoben werden sollen. Araqchi sagte, eine Einigung ohne ein zeitgleiches Ende der Wirtschaftssanktionen sei unmöglich. Der Westen will die Sanktionen nur phasenweise abmildern.
Der Iran bestehe auch darauf, dass die Forschungsarbeiten in der Atomanlage Fordo fortgesetzt werden. Zudem müsse das Land das Recht haben, modernere und schnellere Zentrifugen für die Urananreicherung einzusetzen, sagte Araqchi. Der Westen lehnt dies ab, weil der Iran dann sehr viel schneller hochangereichertes Uran für Atomwaffen produzieren könne.
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu nannte es „gewissenlos“, einen Kompromiss mit dem Iran zu schließen. Das Abkommen müsse „härter“ für den Iran sein, als soweit absehbar. Steinmeier verwahrte sich gegen Netanyahus Äußerungen. „Ich finde das aus der Entfernung eine mindestens gewagte Kommentierung“, sagte er. Die beteiligten Länder würden es sich keinesfalls leicht machen.