Zum Jubiläum: Gauck sieht „bleibenden Schatten“ auf Bismarcks Wirken

Berlin (APA/dpa) - Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat zum Bismarck-Jubiläum eine zwiespältige Bilanz gezogen. Bismarck gehöre zu...

Berlin (APA/dpa) - Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat zum Bismarck-Jubiläum eine zwiespältige Bilanz gezogen. Bismarck gehöre zu den „wirkmächtigsten“ und umstrittensten Gestalten der deutschen Geschichte. Zugleich aber gebe es einen „bleibenden Schatten auf Bismarcks Wirken“, sagte Gauck am Mittwochabend in Berlin bei einem Festakt anlässlich des 200. Geburtstages des früheren Reichskanzlers Otto von Bismarck (1815-1898).

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wandte sich dagegen, Parallelen zwischen der heutigen Lage und der Politik der damaligen Zeit zu ziehen. Gauck nannte Bismarcks „hartnäckigen, auch unbelehrbaren Drang, Reichsfeinde zu identifizieren und möglichst auszuschließen, namentlich Katholiken und dann Sozialisten“. Bismarck war im „Kulturkampf“ gegen den Einfluss der römisch-katholischen Kirche vorgegangen, mit dem „Sozialistengesetz“ gegen die Arbeiterbewegung. „Das war nicht nur kontraproduktiv, es hat auch lange nachwirkende Wunden geschlagen und Vorurteile manchmal auf Jahrzehnte befestigt.“

Bismarck, der am 1. April 1815 in Schönhausen (heute Sachsen-Anhalt) geboren wurde, war ab 1862 preußischer Ministerpräsident, seit der Reichseinigung 1871 bis 1890 deutscher Reichskanzler. Sein Wirken wird bis heute von Historikern kontrovers diskutiert.

Gauck sagte, Deutschland stehe heute vor ähnlich großen Fragen wie zur Bismarckzeit - zum Beispiel vor der Frage, welchen Platz das Land in Europa einnehmen solle und wie innerer Frieden aussehen könne. „Wir werden aber den Herausforderungen, denen wir heute gegenüberstehen, anders begegnen, ja anders begegnen müssen als Bismarck“, sagte Gauck. „Was für ihn noch quasi legitime politische Manöver waren, wie etwa Kriege zu führen, um innenpolitische Ziele zu verfolgen oder außenpolitische Interessen zu wahren, das kommt für uns selbstverständlich nicht mehr infrage.“

Schäuble sagte mit Blick auf eine Debatte über die Rolle Deutschlands in Europa: „Dass wir ein deutsches Europa wollen, ist Unsinn.“ In Europa könne nur gemeinsam Politik gemacht werden. Schäuble nannte auch die Griechenland-Politik. „Deutschland stand und steht nie alleine.“ Historiker sehen Parallelen zwischen der Bismarckzeit und heute, dabei geht es vor allem um die Rolle Deutschlands und eine Dominanz in Europa. Schäuble sagte, solche „Aktualisierungen Bismarcks“ ärgerten ihn.