Matura steht noch immer auf dem Fundament aus dem Jahr 1849

Österreich-weit (APA) - Mit der Einführung der schriftlichen Zentralmatura und der verpflichtenden vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) erfähr...

Österreich-weit (APA) - Mit der Einführung der schriftlichen Zentralmatura und der verpflichtenden vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) erfährt die Matura eine der größten Änderungen seit ihrer Einführung 1849/50. Gleichzeitig zeigt sich, dass die Reifeprüfung selbst nach wie vor auf dem Fundament aus dieser Zeit steht. Selbst die Debatte über Stoffumfang bzw. „Kompetenzorientierung“ lässt sich bis damals zurückverfolgen.

Bis zur Einführung der Matura war für den Beginn eines regulären Universitätsstudiums nach dem damals sechsjährigen Gymnasium die Absolvierung eines zweijährigen „philosophischen Lehrgangs“ nötig. Diese wurden entweder an den Unis selbst oder an „Lyceen“ angeboten. Durch die Gymnasialreform des Jahres 1849 wurde der „philosophische Lehrgang“ ins nunmehr achtjährige Gymnasium integriert und am Ende die Matura-Prüfung als Voraussetzung für das Einschreiben an der Universität eingeführt.

Die Konstruktion der Matura sowie auch die Fächer sind weitgehend unverändert geblieben: Die erste Reifeprüfungsvorschrift legte fest, dass schriftlich in Deutsch/Muttersprache („Aufsatz aus der Muttersprache“), Mathematik, Latein (zweifach: Übersetzung ins bzw. aus dem Lateinischen) sowie Griechisch maturiert werden musste - das entspricht praktisch der heutigen Regelung (im Regelfall: Deutsch, Mathe sowie zwei Sprachen). Mündlich waren allerdings nicht nur drei, sondern sechs Fächer vorgeschrieben (Literatur der Muttersprache, Latein, Griechisch, Mathematik, Naturgeschichte/Physik und Geographie/Geschichte).

Witziges Detail: Schon damals war im sogenannten „Organisationsentwurf“ der Matura eine Vorgangsweise festgelegt, die heute als „Kompetenzorientierung“ durchgehen würde: Prüfungsstoff sollte grundsätzlich der gesamte Stoff der Oberstufe sein - allerdings nur der „feste Stamm des Wissens“ und nicht die „äußersten Spitzen der Gymnasialkenntnisse“. Und: „Spezielle gedächtnismäßige Vorbereitung auf die Prüfung“ war ausdrücklich nicht gefordert.

Soweit die Theorie: In den ersten Jahren der Matura wurde eifrig herumexperimentiert und etwa der Prüfungsstoff der mündlichen Prüfung in manchen Fächern auf das letzte Semester der achten Klasse eingeschränkt und später wieder auf die ganze Oberstufe ausgedehnt. Auch die Zahl der Maturafächer schwankte - Naturgeschichte entfiel etwa recht bald. Aufgrund der drohenden Überlastung der Schüler wurde außerdem - bei entsprechenden guten Noten - die Möglichkeit der Dispensierung von der mündlichen Prüfung in manchen Gegenständen geschaffen. Diese Erleichterungen waren nicht zuletzt die Reaktion auf die praktische Ausgestaltung der Prüfungen, bei denen offenbar sehr wohl Details verlangt wurden, die eine „spezielle gedächtnismäßige Vorbereitung“ bedingten.

Gesetzlich reformiert wurde die Matura erst 1908: Die Zahl der schriftlichen Fächer wurde damit auf drei (Deutsch/Muttersprache, Latein, Griechisch), jene der mündlichen auf vier (Deutsch/Muttersprache, Latein oder Griechisch, Geographie/Geschichte und Mathematik) reduziert. Damit waren die noch heute üblichen sieben Teilprüfungen etabliert, spätere Änderungen erfolgten nur mehr etwa durch die Verschiebung der verpflichtenden Mathe-Prüfung in den schriftlichen Teil sowie stärkere Auswahlmöglichkeiten bei den Sprachen und den mündlichen Fächern.

Auch die vorwissenschaftliche Arbeit ist keine Premiere: Schon in der Zwischenkriegszeit versuchte man eine Zeit lang, mit einer verpflichtenden schriftlichen „Hausarbeit“ bei entsprechender Reduktion der mündlichen Teilprüfungen die Schüler auf das spätere Uni-Leben vorzubereiten. Diese Variante stieß allerdings auf Widerstand der Lehrer und wurde nach wenigen Jahren wieder verworfen. In den 1990er-Jahren wurde die Idee in Form der allerdings freiwilligen Fachbereichsarbeit wiederbelebt - mit dieser schriftlichen Hausarbeit konnte ein Fach bei der schriftlichen Matura ersetzt werden.