VfGH: Gutachter-Bestellung 2 - Nun OGH am Zug

Wien/Klagenfurt (APA) - Die Folgen der VfGH-Entscheidung können weitreichend sein: Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich entschieden, dass ...

Wien/Klagenfurt (APA) - Die Folgen der VfGH-Entscheidung können weitreichend sein: Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich entschieden, dass die alte Sachverständigen-Bestellungs-Bestimmung auf alle beim Obersten Gerichtshof (OGH) anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist. Dies betrifft die großen Wirtschafts-Strafverfahren der letzten Jahre, die noch anhängig sind. Es geht um Telekom, Immofinanz und Hypo.

Das bedeutet, dass der OGH jetzt alle jene anhängigen Rechtsmittelverfahren, in denen die Frage der Bestellung des Sachverständigen eine Rolle spielen kann, vor dem Hintergrund der VfGH-Entscheidung neu beurteilen muss. Ein Automatismus für eine Rechtsfolge ergebe sich aber nicht, erläuterte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Konkret geht es um eine Bestimmung in der Strafprozessordnung (StPO), die mittlerweile geändert wurde. Bis 2014 war geregelt, dass ein Strafgericht einen Gutachter, der bereits im Ermittlungsverfahren für die Staatsanwaltschaft tätig war, auch für das gerichtliche Hauptverfahren bestellen konnte, und zwar ohne effektive Möglichkeit des Angeklagten, sich dagegen zu wehren und eine allfällige Befangenheit vorzubringen.

Diese Regelung habe dem „Prinzip der Waffengleichheit“ widersprochen, entschied nun der VfGH. Eine Regelung, die dem Angeklagten im Hauptverfahren von vornherein und ausnahmslos verbiete, den bereits von der Staatsanwaltschaft beauftragten Gutachter - im Fall von objektiven, gegen dessen völlige Neutralität sprechenden Anhaltspunkten in Zusammenhang mit seiner konkreten Tätigkeit im Ermittlungsverfahren - als befangen abzulehnen, sei verfassungswidrig.

Allerdings urteilte der VfGH auch: Dass es zur Bestellung ein und desselben Gutachters kommen kann, ist nicht ausgeschlossen, das Gericht hat jeweils eine Einzelfallprüfung wahrzunehmen.

Das VfGH-Verfahren war durch Anträge des OGH in einzelnen Strafverfahren ins Rollen gekommen. Nun hat der VfGH beschlossen, dass die Bestimmung auf alle beim OGH anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden sei. Das heißt, dass der OGH jene anhängigen Rechtsmittelverfahren, wo die Frage der Bestellung des Sachverständigen eine Rolle spielen kann, nun neu beurteilen muss.

Wie er das macht, das liegt beim OGH, betonte Holzinger heute. Möglich, aber nicht zwingend sei, dass Verfahren in der ersten Instanz neu aufgerollt werden. Der Ball liegt also nun beim OGH.

~ ISIN AT0000809058 AT0000720008 WEB http://www.verfassungsgerichtshof.at

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