Innenpolitik

Bures’ große Chance

Nationalratspräsidentin Doris Bures.
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Die Nationalratspräsidentin übernimmt größtenteils den Vorsitz des U-Ausschusses.

Von Michael Sprenger

Wien –Erstmals wird ein Untersuchungsausschuss, eines der stärksten parlamentarischen Waffen, mit dem neuen Regelsystem arbeiten. Eine Minderheit kann das Kon­trollgremium einsetzen. Eine zentrale Rolle kommt der Vorsitzführung zu. Sie wird von den drei Nationalratspräsidenten übernommen und nicht mehr wie früher von einem einfachen Abgeordneten. Erste Vorsitzende ist Doris Bures (SPÖ). Die Nationalratspräsidentin hat schon im Vorfeld angekündigt, dass sie größtenteils den Vorsitz übernehmen wird. Sie ist somit für den Gesamtablauf des Ausschusses zuständig. Gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden und dem Verfahrensrichter (siehe rechts) soll Bures die Öffentlichkeit in Pressekonferenzen regelmäßig über den U-Ausschuss informieren.

Doch wie wird Bures ihre Funktion anlegen, wie weit wird sie in ihrer Rolle eine unabhängige Vorsitzführung verfolgen?

Seit Doris Bures nach dem Tod von Barbara Prammer Anfang September zur neuen Nationalratspräsidentin gewählt worden ist, wird darüber spekuliert, ob sie ihre neue Funktion als Präsidentin des Hohen Hauses dazu nützt, um sich von den Machtstrukturen der Kanzlerpartei zu lösen. Bures versicherte in ihrer Antrittsrede zwar, eine gute, faire und überparteilich agierende Präsidentin sein zu wollen. Sie formulierte auch den Wunsch nach einem lebendigen Parlament, auf das alle Österreicher stolz sein können. Doch bislang konnte Bures zu diesen Aussagen keine Akzente setzen, die hierzulande für eine Überraschung gesorgt hätten. Sie gilt in den Augen vieler weiterhin als treue Weggefährtin von Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzenden Werner Fay- mann.

Ihrer Treue zu Faymann war auch ihre scharf kritisierte Aussage über ÖBB-Chef Christian Kern geschuldet. Knapp vor Weihnachten versuchte sie, ihren nach dem Parteitag angeschlagenen Chef vor einer Debatte um den SPÖ-Vorsitz zu schützen, indem sie dem als Nachfolger gehandelten Kern nachsagte, das Geschäft des Politischen nicht so zu beherrschen. Mit diesem Fauxpas machte sie den sozialdemokratischen Bahnmanager außerhalb der Wirtschaftsberichterstattung zu einer bekannten Person. Der erfolgreiche Manager wird seither als einer der logischen Faymann-Nachfolger gehandelt.

Doch mit ihrer Rolle als Vorsitzführende im Untersuchungsausschuss kann sie nun viel an Boden gut machen. Dann nämlich, wenn sich Bures in erster Linie dem Parlament als Kontrollorgan verpflichtet sieht – und nicht der Partei. So ist der Untersuchungsausschuss die große Chance für das Parlament, für den neuen Untersuchungsausschuss – und für Doris Bures, um Anerkennung und Reputation zu gewinnen.

Vergessen wäre dann der bizarr anmutende Streit um Absperrungen und „Kordel“, um Kanzler, Minister und andere Auskunftspersonen auf dem Weg zum U-Ausschuss vor den „lästigen“ Journalisten zu schützen. Vergessen wäre dann das Gezerre bei der Bestellung des Verfahrensanwalts und des Verfahrensrichters für den Hypo-U-Ausschuss.

Nützt Bures ihre Chance, dann dürfte sie bald auf der Leiter des Vertrauensindex nach oben klettern. Ihre Vorgängerin Barbara Prammer schaffte es, sich locker vor allen Mitgliedern der Bundesregierung einzuordnen.