Iran/Schweiz

Skepsis und Optimismus nach Einigung im Atomstreit

Für viele Iraner bedeutete die Einigung ein Neuanfang und eine Chance für eine bessere Zukunft. In Teheran und anderen Städten wurde auf den Straßen gefeiert.
© EPA

„Es ist ein guter Deal. Ein Deal, der unsere Kernziele erfüllt“, erklärte US-Präsident Obama. Israels Ministerpräsident Netanyahu sieht in dem Deal das Überleben Israels gefährdet.

Washington – Nach der Grundsatzeinigung im Atomstreit mit dem Iran wird über Tragweite und Auswirkungen diskutiert. Die UN-Vetomächte, Deutschland und der Iran einigten sich am Donnerstag im schweizerischen Lausanne auf zentrale Eckpunkte zur Beilegung des seit zwölf Jahren schwelenden Konflikts. International fielen die ersten Reaktionen auf die Einigung gemischt aus.

Während sich die Einen optimistisch gaben, herrschte bei den Anderen Skepsis vor. US-Präsident Barack Obama bezeichnete die Einigung als historischen Schritt. In Teheran gab es spontane Jubelfeiern. Bundespräsident Heinz Fischer und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßten die Einigung ebenso wie der britische Außenminister Philip Hammond, die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO/IAEA) und die Vereinten Nationen (UN/VN). Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Frankreichs Präsident Francois Hollande gaben sich eher zurückhaltend. Aus Israel und aus dem US-Kongress kamen mahnende Worte.

Bei den Republikanern im US-Kongress stieß der Deal auf erhebliche Skepsis. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, konstatierte am Donnerstag eine „alarmierende Abweichung“ von den ursprünglichen Zielen von US-Präsident Barack Obama. Der Kongress werde das endgültige Abkommen vor einer Lockerung der Sanktionen gegen den Iran im Detail prüfen, kündigte er an.

Die USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und der Iran hatten sich nach tagelangen Verhandlungen in der Schweiz darauf verständigt, dass der Iran seine Atomaktivitäten auf Jahre deutlich begrenzt. Im Gegenzug hebt der Westen verhängte Wirtschaftssanktionen auf. Ein bindendes Abkommen gibt es jedoch noch nicht, dieses soll mit allen Details bis Ende Juni erreicht werden.

Obama feierte die Einigung als „historische Übereinkunft“ gefeiert. „Es ist ein guter Deal. Ein Deal, der unsere Kernziele erfüllt“, sagte Obama am Donnerstag in Washington.

Straßenfeste in einigen Städten Irans

In der iranischen Hauptstadt Teheran gab es nach der Einigung spontane Straßenfeste. Laut Augenzeugen feierten in der ganzen Stadt zehntausende Menschen, zumeist Jugendliche. Ungeachtet der strengen Sittenpolizei tanzten zahlreiche junge Männer und Frauen auf den Straßen.

Fischer begrüßte am Donnerstag in einer Aussendung „die substanziellen Fortschritte und die darauf beruhende gemeinsame Erklärung, die nach harten und schwierigen Verhandlungen zwischen dem Iran einerseits und den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates der UNO plus Deutschland andererseits erzielt wurden“. Auch Kurz begrüßte in einer ersten Reaktion die Einigung. „Es handelt sich um einen ersten wichtigen Erfolg der internationalen Diplomatie. Nach zwölf Jahren schwieriger Verhandlungen konnte heute ein entscheidender Fortschritt erzielt werden.“

Hammond würdigte das Atom-Abkommen als „gute Basis“. Darauf aufbauend könne ein „sehr guter Deal“ erreicht werden, sagte er. Das Erreichte sei deutlich über dem, was noch vor 18 Monaten möglich schien. Es sei aber noch ein hohes Maß an Feinarbeit zu leisten. Er nannte besonders die Sicherstellung der Überwachung der iranischen Nuklearaktivitäten als Knackpunkt.

Ban Ki-moon begrüßt die Einigung

Laut UN-Generalsekretär Ban Ki-moon biete die Einigung „substanzielle Grenzen für Irans Atomprogramm und die Entfernung aller Sanktionen“. Das Abkommen berücksichtige die Bedürfnisse des Irans, stelle aber gleichzeitig sicher, dass seine nuklearen Aktivitäten friedlich blieben. Die Atomenergiebehörde begrüßte das Ergebnis von Lausanne ebenfalls. Nach einer Einigung auf ein endgültiges Abkommen und der Zustimmung des Gouverneursrates stehe die IAEA bereit, die Umsetzung der Vereinbarungen zu überwachen, erklärte Generaldirektor Yukiya Amano.

Das russische Außenministerium lobte in einer Erklärung unmittelbar nach der Einigung, dass alle Verhandlungsteilnehmer nun „ohne Vorbehalt“ Teherans Recht „auf ein friedliches Nuklearprogramm“ anerkannt hätten.

Steinmeier mahnte, für Jubelstimmung sei es noch zu früh. Doch es seien entscheidende Hindernisse für eine Einigung aus dem Weg geräumt worden. Vor allem der republikanisch geführt US-Kongress kann das bis Sommer angestrebte Abkommen jetzt noch blockieren. Nach seiner Osterpause wollte sich das US-Parlament mit dem Thema befassen.

Hollande betonte, dass Sanktionen bei einem Verstoß gegen die Absprachen jederzeit wieder gegen Teheran verhängt werden können. „Sanktionen, die aufgehoben werden, können wieder verhängt werden, wenn das Abkommen nicht umgesetzt wird“, erklärte er am Donnerstagabend in Paris.

In einem Telefongespräch mit Israels Premierminister Benjamin Netanyahu betonte Obama die Verpflichtungen der USA für die Sicherheit Israels. Trotz der erzielten Rahmenvereinbarungen bestünden die Sorgen über die Drohungen des Iran gegenüber Jerusalem weiter, sagte Obama. Washington stehe standfest zu seinen Sicherheitsverpflichtungen, fügte Obama nach Angaben des Weißen Hauses hinzu.

Dagegen äußerte sich Netanyahu laut israelischer Presseberichte erneut skeptisch. Die Vereinbarung gefährdeten das Überleben Israels, sagte Netanyahu nach einem Bericht der „Times of Israel“ in dem Gespräch. Erst vor wenigen Tagen habe sich der Iran erneut zur Vernichtung Israels bekannt. Die Vereinbarungen würden den Weg Irans zur Atombombe nicht blockieren, sondern ebnen, sagte Netanyahu den Angaben zufolge.

Die internationale Gemeinschaft will jeden technologischen Weg zu einer iranischen Atombombe versperren. Der Regierung in Teheran erhofft sich durch Sanktionsaufhebungen einen ökonomischen Aufschwung. (APA/AFP/dpa)