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Klassenbester mit Einser in Betragen

Mit 367 PS aus dem Fünfzylinder-Turbo hebelt sich der Audi RS3 an die Spitze im Segment der rasanten Kompaktkombis.Fotos: Hersteller
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Bei Hochleistungskombis im Kompaktformat steht nun der Audi RS3 Sportback an der Spitze.

Von Stefan Pabeschitz

Rom –Kompakte Kraftpakete mit Rucksack haben 2015 Saison: Nachdem die starken Kombis Peugeot 308 GT, Ford Focus Turnier ST und Seat Leon Cupra ST die Ränge von 205 bis 280 PS gut befüllt haben, streckt sich Audi nun mit Respektabstand weiter nach oben – selbst zum hauseigenen, immerhin 300 PS starken S3: 367 PS und 465 Newtonmeter Drehmoment ergeben siegessichere 4,3 Sekunden auf hundert plus 280 km/h Höchstgeschwindigkeit – und sichern dem RS3 wohl den endgültigen Spitzenplatz in der Neigungsgruppe Nachmittagssport.

Vermutlich hätte ein beherztes Software-Update dem bekannt dehnungswilligen Zweiliter-Vierzylinder-TFSI-Motor auch zu diesem Leistungszuwachs verhelfen können. Audi steht aber auch in der zweiten Generation des kompakten RS zu seinem fünfzylindrigen Turbo-Erbe: Mit dem brachialen Ur-Quattro von 1980 hat der heutige Motor zwar nur noch die Anzahl der Zylinder gemein – nichtsdestotrotz ist der Fünfzylinder-Reihenmotor inzwischen eine Ausnahmeerscheinung im Automobiluniversum, mit der Audi exklusiv die Modelle RS3 und TT RS bestückt. Der Quattro-Tradition entsprechend wird die Leistung mit Allradantrieb bedient.

Das Marketing der Ingolstädter betont für den RS3 die Kombination von Rennsport-Identität und Familien-Alltagstauglichkeit. In der Realität trifft weder noch zu: Kaum jemand wird einen mindestens 63.400 Euro teuren Kompaktkombi für Wochenenden auf der Rennstrecke anschaffen – und als Familienauto wohl schon gar nicht.

Was seinen Wert keinesfalls schmälern soll: Der RS3 ist ein ausgereifter Lifestyle-Kombi, der seinen Status mit den extremen Leistungsdaten punziert. Das Außendesign verrät komprimierte Sportlichkeit, ist aber nicht so martialisch aufbereitet, dass es peinlich wäre. Der Innenraum gefällt mit großzügiger, sportlich-luxuriöser Mitgift samt exklusiver Applikationen in heißem Rot. Gegenüber dem Vorgänger legt er 27 PS und 15 Newtonmeter zu – und 55 Kilo ab. Wer eine Ausrede braucht, um die erstmals in dieser Klasse angebotenen, teuren Keramikbremsen und die feisten Sportsessel mitzuordern: Damit lassen sich noch einmal 27 Kilo einsparen – also praktisch eine Wahl im Sinne des Umweltschutzes, des verbesserten Leistungsgewichts wegen.

Zumindest auf dem Papier erreicht der RS3 8,1 Liter Verbrauch und nach den ersten Metern in dem Ingolstädter Kompaktboliden ist klar, dass so ziemlich alles mehr Spaß machen wird, als das ernsthaft auszuprobieren. Schon beim Starten zeigt der Kraftlackel sein Potenzial akustisch an: Das heißere Aufbellen aus der zweiflutigen Auspuffanlage ist ein schaurig schönes Versprechen, das der Audi beim anschließenden Ritt auch zu halten weiß. Allerdings mit Vollkasko-Anmutung: Der RS3 lässt sich auf hohem Niveau rasant bewegen, ist allerdings nur mit Missbrauchsvorsatz aus der Ruhe zu bringen. Fahrwerk, Einlenkverhalten, Bremsen und Leistungsentfaltung verdichten sich zu einem souveränen Handling – das dennoch fast anspruchslos bleibt.

Das Reaktionsverhalten der Visko-Kupplung für den Allrad-Antrieb, die Sensibilität der elektrischen Servolenkung, die Schaltzeiten des siebengängigen Doppelkupplungsgetriebes – alles arbeitet perfekt zusammen. Vielleicht einen Hauch zu perfekt. Der einst quattro-typische Kraftüberschuss an der Hinterachse wurde im Sinne der Leistungsperfektion wegoptimiert. Die Stabilitätskontrolle ist nominell zwar abschaltbar, tatsächlich bleibt sie im Hintergrund jedoch immer aktiv und greift selbsttätig ein.

Das Maximum an fühlbarer Fahrphysik ist ein gleichmütiges Schieben über beide Achsen – so linear, wie das Parallelverschieben beim geometrischen Zeichnen. Auf der Habenseite verbucht der RS3 eine in dieser Leistungsklasse bisher noch nicht realisierte Souveränität und Sicherheit. Die Rolle des disziplinierten Hochleistungssportlers ist damit gut besetzt – und die des jungen Wilden bleibt dem 35 Jahre alten Quattro-Urahn erhalten.