Jubiläumsjahr - Stephansdom erinnert an Ende des Zweiten Weltkriegs
Wien (APA) - Normalerweise läutet Österreichs größte Glocke nur zu Silvester, an hohen katholischen Feiertagen oder beim Tod wichtiger Persö...
Wien (APA) - Normalerweise läutet Österreichs größte Glocke nur zu Silvester, an hohen katholischen Feiertagen oder beim Tod wichtiger Persönlichkeiten. Am 12. April wird die Pummerin an Zerstörung und Wiederaufbau erinnern. Zum Gedenken an den 70. Jahrestag der Zerstörung des Stephansdoms und seiner Glocke in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs wird ihr Geläut in der Bundeshauptstadt zu hören sein.
In den letzten Kriegstagen nutzten Plünderer das Chaos in Wien und setzten dabei auch Häuser in Brand. Inzwischen wird einhellig der Funkenflug für den Brand verantwortlich gemacht - die These, dass dem „Steffl“ Artilleriebeschuss zum Verhängnis wurde, ist inzwischen widerlegt. Fest steht jedenfalls, dass der Stephansdom am 12. April 1945, nur wenige Stunden bevor der „Kampf um Wien“ zwischen alliierten und deutschen Truppen beendet war, in Flammen stand. Binnen kurzer Zeit brannte der Dachstuhl, danach griff das Feuer auf den Glockenstuhl und den Hauptturm über. Schließlich stürzte die Pummerin ab und zersprang. Auch Stützmauern und das Gewölbe brachen am folgenden Tag ein - das Feuer zerstörte u.a. den Chor, die Orgel und das Kaiseroratorium.
Zum letzten Mal zu hören war die „alte“ Pummerin zu Ostern 1937, in den folgenden Jahren des Nationalsozialismus blieb sie still. Heute ist von ihr nur noch der Klöppel über, der im Lapidarium des Doms aufbewahrt wird. Lange musste Wien jedoch nicht auf den „Steffl“ und das dröhnende Geläut der zweitgrößten freischwingenden Glocke Westeuropas verzichten: Mit vereinten Kräften aus Privatspenden, der Domlotterie, einer Briefmarkenserie, der „Dachziegelaktion“, bei der man einen Dachziegel um fünf Schilling erwerben konnte sowie schließlich mit Mitteln von Bund und Land wurde der Dom wiedererrichtet. Bereits am 26. April 1952 wurde die neue Pummerin geweiht - gegossen aus den Resten ihrer Vorgängerin und den anderen zerstörten Glocken der Kirche. Der Stephansdom - und seine Glocke - wurden so auch zum Symbol des erfolgreichen Wiederaufbaus.
Dabei hatte die „alte Pummerin“ ebenfalls eine bewegte Geschichte: Als Dank für die Befreiung Wiens nach der zweiten Türkenbelagerung wurde sie von Kaiser Joseph I. in Auftrag gegeben. Geschichtsträchtig deshalb auch das Material, aus dem sie gegossen wurde: Mehrere Kanonen wurden für die Glocke eingeschmolzen. 1711 wurde sie schließlich im Südturm des Stephansdoms aufgezogen.
Eigentlich hieß der Koloss zunächst - nach dem Kaiser - „Josephinische Glocke“, später bürgerte sich wegen ihres tiefen Klanges allerdings der Name „Pummerin“ ein. Am 15. Dezember 1711 wurde eben diese geweiht, am 26. Jänner 1712 zur Rückkehr Kaiser Karls VI. von seiner Krönung erstmals geläutet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg musste die gut 20 Tonnen schwere Glocke ein bisschen länger auf ihren ersten Einsatz warten: Sie stand fünf Jahre in einem Holzgerüst neben dem Dom, bevor sie 1957 in den Nordturm gehoben wurde. Seitdem ist das Geläut der Pummerin wieder über der Inneren Stadt zu hören.
Auch im ORF gedenkt man den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges in Form einer Dom-Doku: Am Ostermontag, dem 6. April, zeigt ORF III um 20.15 Uhr „Wiener Stephansdom - Wiedergeburt eines Wahrzeichens.“ In dieser ORF-Produktion widmet sich Robert Neumüller mithilfe von 3D-Animationen, Computersimulationen, nachgestellten historischen Szenen und Archivmaterial nicht nur der langen Geschichte des Domes, sondern vor allem auch den Bestrebungen der jungen Zweiten Republik, dieses identitätsstiftende Wahrzeichen so rasch wie möglich wieder herzustellen.
~ WEB http://orf.at ~ APA137 2015-04-03/10:29