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Kleine Legenden leben länger

Der Fiat 500 Vintage ehrt den eigenen Ahnen und treibt den Retrolook auf die Spitze. Fotos: Hersteller

Mit dem neuen Sondermodell 500 Vintage feiert der italienische Hersteller Fiat den Kleinstwagen-Urahn von 1957 – den Erfolg haben die beiden Publikumslieblinge gemeinsam.

Von Stefan Pabeschitz

Turin – Legenden sind weder verhersehbar noch planbar – aber irgendwie liegt es am 4. Juli 1957 bei der Präsentation des Nuova 500 schon in der Luft, dass der kleine, flinke Fiat für den Aufbruch des ganzen Landes in die Wirtschaftswunderzeit stehen sollte. 3,9 Millionen Stück laufen in beachtlichen achtzehn Jahren Bauzeit vom Band und gefühlt fährt auf den Straßen Italiens etwa die Hälfte davon bis heute herum. Vor der umweltschutzgetriebenen Aussperrung aus den Stadtzentren rettet ihn sogar ein eigenes Gesetz: Die mit Augenzwinkern lex cinquecento genannte Verordnung erlaubt den praktischen Kleinstwagen bis heute dort die Zufahrt, wo schon bald selbst Euro 4 nicht mehr ausreicht. Das österreichische Kapitel dieser Geschichte schreibt der Steyr Puch mit seinem luftgekühlten Zweizylinderherz, der hierzulande mindestens den gleichen Kultstatus genießt.

Der Erfolg des Enkels gründet sich nicht zuletzt auf die Beliebtheit seiner Ahnen – als hätte sich die geliebte Karosserieform als kollektives Kulturgenom weitervererbt.

Die Präsentation des neuen 500, der dann aber nicht mehr nuova hieß, fand am 4. Juli 2007, auf den Tag genau 50 Jahre nach dem ersten Willkommensfest, statt. Der Vater? Ein Österreicher. Der Salzburger Andreas Wuppinger hat den 500 zunächst als Projektarbeit gezeichnet und entworfen – heute ist er Designchef von Fiat und unter anderem auch für den Familienzuwachs 500L und 500X verantwortlich.

Eine Entwicklung, mit der niemand gerechnet hat. Der 500 ist 2007 für insgesamt 250.000 Stück in sieben Jahren Bauzeit kalkuliert. Die Konkurrenz bemitleidet Fiat damals unverholen für diese Idee und erklärt die Stückzahl für ein Nischenprodukt mit nur zwei Türen und einem winzigen Kofferraum für völlig illusorisch. Die sieben Jahre Bauzeit hat der 500 inzwischen hinter sich. Derzeit hält er bei etwa 1,5 Millionen Stück, wird aktuell in 100 Ländern verkauft und ist derzeit der meistverkaufte Kleinwagen Europas. Er beweist, dass ein Auto vor allem eines können muss: Gemocht zu werden – das reicht. Eine Kundenbefragung würde vermutlich ergeben, das mindestens drei Viertel aller Cinquecentos von ihren Besitzerinnen – und ihren Besitzern! – einen Namen bekommen haben. Und Luigi wäre wahrscheinlich der Spitzenreiter dabei.

Genug der Gründe für ein weiteres Sondermodell, diesmal eine Reverenz an eben den Urahn von 1957, so retro wie es schmerzfrei noch geht: Pastell-Außenfarben, Dach und Spiegelkappen in Weiß, Felgen im Retrolook, kombiniert mit zimtfarbenen Leder. Drinnen findet sich aber, was das Autoleben heute leicht macht: Klima, Infotainmentsystem und Freisprecheinrichtung, Multifunktionslenkrad, sieben Airbags. Dazu agile Euro-6-Motoren zu 69 oder 85 PS, beides Benziner – in der Stadt ist besser wieseln als dieseln. Der Einstiegspreis beträgt 16.350 Euro, allerdings ist das Österreich-Kontingent auf nur 100 Stück beschränkt.

Der passende Präsentationsort findet sich im Centro Storico von Fiat – der 1907 als Montage- und Verwaltungsgebäude eröffnete Jugendstilbau beherbergt auf 3000 Quadratmetern einen Auszug aus der Markenhistorie, beginnend mit dem ersten Fiat, dem 3 ½ HP von 1899. In der authentischen Atmosphäre des Gebäudes erzählen die Exponate die Geschichte der Motorisierung und Industrialisierung, von verwirklichten Visionen und unerfüllten Träumen. Ein gewaltiges Archiv von historischen Bildern, Plänen und Filmen gehört dazu – mehr als genug für eine Nacht im Museum mit lebendiger Geschichte. Eine Ausstellung, wie sie Österreich und seine Automobilgeschichte verdient hätten.

Nebenbei, mit Gruß nach Turin, sollte der heimische Beitrag auch ein Sondermodell wert sein: Das Steyr-Puch-Emblem würde dem 500 gut stehen und die verschlungenen Markenrechte, an denen das angeblich scheitert, sollten sich mit etwas Einsatz wohl entwirren lassen. Ein Loisl in der Garage statt einem Luigi wäre dann eventuell drin.