TTIP - Deutsche Grüne: Mit Druck aus Gesellschaft Abkommen verhindern
Berlin (APA/AFP) - Die Grünen in Deutschland setzen auf wachsenden Druck aus der Gesellschaft, um das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP z...
Berlin (APA/AFP) - Die Grünen in Deutschland setzen auf wachsenden Druck aus der Gesellschaft, um das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP zu verhindern. „Die massiven Bedenken von Umweltschützern, Verbraucherschützern, Gewerkschaften und zigtausenden Menschen gegen dieses unfaire Abkommen müssen ernst genommen werden“, sagte die Grünen-Vorsitzende Simone Peter der Nachrichtenagentur AFP.
Sie verwies darauf, dass das europaweite Bündnis Stop TTIP bereits mehr als 1,6 Millionen Unterschriften erreicht habe. Das Bündnis wird von fast 400 Organisationen unterstützt, darunter auch die Deutschen Grünen.
Die TTIP-Kritiker fürchten eine Verwässerung europäischer Standards, wenn sich die EU und die USA auf Regeln einigen, um den Handel zwischen den Wirtschaftsblöcken zu erleichtern. „Wir setzen darauf, dass der Protest gegen TTIP eine ähnliche Wirkung erzielt wie bei dem Urheberrechtsabkommen ACTA, das letztlich im Europaparlament abgelehnt wurde“, sagte Peter. Die EU-Volksvertretung hatte Mitte 2012 nach massiven Protesten den ACTA-Vertrag gekippt, den die EU-Kommission mit mehreren Ländern ausgehandelt hatte.
Die Zusicherung des deutschen Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD), bei TTIP hohe Sozial-, Umwelt- oder Verbraucherschutzstandards zu wahren, reicht den Grünen nicht aus. „Es steht zu befürchten, dass Gabriel als Genosse der Bosse am Ende der Wirtschaftslobby nachgibt, statt demokratische Entscheidungen zu verteidigen, die durch Schiedsgerichte ausgehebelt werden können“, sagte Peter. Die Haltung des Ministers sei „wie ein Fähnchen im Wind“. Gabriel hatte kürzlich im Bundestag den Eindruck erweckt, er sei der Meinung, dass Deutschland den Freihandelsabkommen auch bei Vorbehalten zustimmen müsse.
Peter forderte die Bundesregierung auf, jetzt zunächst ein starkes Signal gegen das mit Kanada geplante CETA-Abkommen zu setzen, das weiter fortgeschritten ist als TTIP. Wenn dieses in Kraft trete, könnten US-Firmen europäische Länder über kanadische Tochterfirmen vor Schiedsgerichte zwingen, sagte die Grünen-Chefin. Die Frage der Schiedsgerichte ist bei den Handelsabkommen besonders umstritten. Die geplante Regelung zum Investorenschutz könnte es privaten Unternehmen ermöglichen, Staaten vor Schiedsgerichten zu verklagen.
Bei beiden Handelsabkommen gebe es „ein riesiges Paket von immer noch undurchsichtigen Regelungen, denen man keinen Blankoscheck ausstellen darf“, sagte Peter. Sie warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) davor, die TTIP-Verhandlungen „im Schweinsgalopp“ noch dieses Jahr abzuschließen. Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatten sich kürzlich dahingehend geäußert.
Die Grünen fordern einen kompletten Neustart der Verhandlungen und das Festhalten an europäischen Umwelt- und Sozialstandards. „TTIP darf nicht zum Einfallstor werden für Gentechnik auf europäischen Äckern und Tellern, niedrigere Standards für Arbeitnehmer oder mehr Chemikalien in der Umwelt“, sagte Peter.
Über das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA wird seit Juli 2013 verhandelt. Die Befürworter erhoffen sich einen enormen Schub für die Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks, indem Zölle und andere Handelshemmnisse abgebaut werden. Kritiker sehen Gefahren für Rechtsstaat und Demokratie, sie befürchten eine Erosion von Standards bei Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie eine Benachteiligung der europäischen Kultur.
(AFP-Interview)