Zum 40-Jahr-Jubiläum der Galerie geben Sie ab nächster Woche unter dem Titel „Privacy" Einblick in Ihr privates Leben mit Kunst. Wie sieht das aus?
Elisabeth Thoman: Im Grunde genommen wird eine Atmosphäre erzeugt, wie sie bei uns zuhause über die Jahre entstanden ist. Das sind vollkommen unterschiedliche Dinge, manche datieren weiter zurück, andere weniger weit. Manches ist freundschaftlich bedingt, manches auch in einer Zusammenarbeit oder im Dialog entstanden. Unter anderem steht bei uns zuhause die „Claus Thoman Lampe" von Franz West. Das ist ein Stück, das würde ich nie hergeben. Die hat ein rotes Licht, das ist wie unser Lagerfeuer, das immer brennt.
Klaus Thoman: Wir leben so, wie wir leben, aber nicht repräsentativ oder als Salepoint für die Kunst. Die Kunst, die wir schätzen, ist Teil unseres Alltags. Das hat sich auch auf unsere Söhne übertragen, die ihren eigenen Vorlieben nachgehen und sich zum Teil, so wie wir es auch getan haben, die Kunst auch vom Mund absparen.
Welches war denn das erste Werk, das Sie sich vom Mund abgespart haben?
K. Thoman: Ich war 14 Jahre alt und der Lohn für eine bestandene Wiederholungsprüfung in Latein war eine Puch Maxi. Statt der hab' ich mir dann aber ein Kunstwerk gekauft. Das war eine Gouache von Max Weiler. Hat damals 4000 Schilling gekostet. Von Weiler, bei dem ich im Atelier geholfen habe, habe ich auch gelernt, was heute noch wichtiger Hintergrund für mich ist: wie man eine Leinwand aufspannt, wie man einen Keilrahmen zusammenbaut, wie man eine Monotypie abzieht.
In der ersten Galerie-Ausstellung 1977 haben Sie dann auch Weiler gezeigt
K. Thoman: Ja, und gleich danach sind Zeichnungen von Egon Schiele gekommen. Diese Ausstellung hat der damalige Staatsanwalt auf eine Anzeige hin wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und Pornographie schließen lassen. 1977. Wir durften sie dann aber wieder öffnen.
2015 wurde Ihnen das Kulturehrenzeichen der Stadt Innsbruck verliehen. Eine Anerkennung, die Ihnen etwas bedeutet?
K. Thoman: Ich habe meine Frau damals überzeugen müssen, dass wir das annehmen.
E. Thoman: Wir sind gerne hier und lieben dieses Land. Und wir wollten auch immer sehr aktiv dazu beitragen, dass es sich im Sinne der bildenden Kunst bessert. Aber die bildende Kunst im Land Tirol ist schon die wirklich absoluteste Nebensache, die man sich vorstellen kann. Sicher haben Einzelne hohe Verdienste, das Ferdinandeum hat im Bereich seiner Möglichkeiten viele Dinge getan, aber wir haben keine Kunstakademie, es gibt kein Museum, wo zeitgenössische bildende Kunst auch gesammelt wird, die Künstler verabschieden sich, weil es kein Umfeld gibt, das sie veranlasst zu bleiben.
Weshalb Sie neben Ihrer Galeristentätigkeit über die Jahre hinweg auch Dinge wie den Skulpturen-Park in Ambras oder den Kunstraum Innsbruck initiiert haben. Gab es dafür Ihrer Ansicht nach also zu wenig Unterstützung?
E. Thoman: Die Aktivitäten, die wir gesetzt haben, sind oft an sehr kleinlichen Dingen gescheitert oder einfach abgewürgt worden. Dass es keine Skulptur im Schlosspark Ambras mehr gibt, liegt sicher nicht an uns. Ich möchte aber noch einmal klar sagen, damit da dezidiert unterschieden wird: Klaus hat immer gesagt, als Galerie sind wir ein Wirtschaftsunternehmen — und die Herausforderung besteht darin, dieses Unternehmen aus sich selbst gut bestehen zu lassen. Die anderen Aktivitäten wie die Skulptur im Schlosspark Ambras oder der Kunstraum ist persönliches Engagement für eine Auseinandersetzung mit der bildenden Kunst in der Öffentlichkeit. Und das hat auch uns sehr viel Geld gekostet. Natürlich ist es uns gelungen, auch öffentliche Subventionen dafür zu bekommen. Die Politiker Prior und Astl waren vielleicht beide keine großen Kunstkenner, aber beide haben ein gewisses Verantwortungsgefühl auch für diesen Bereich gehabt. Aber danach ist er nur noch ein politischer Spielball gewesen. Und das ist sehr traurig.
K. Thoman: Wenn ich daran denke, wie viel Energie und politischer Wille in dritte Olympische Spiele in Innsbruck gesteckt wird, an deren Kosten und Folgekosten nachher meiner Meinung nach die ganze Bevölkerung zu leiden haben wird. Und wie schlampert dagegen die Herangehensweise vor zehn Jahren war, als die damalige Bürgermeisterin Hilde Zach gemeint hat, wir müssen Kulturhauptstadt werden! In der Kunst hat man nie etwas strategisch angedacht. Sicher ist es so, dass Innsbruck für eine Stadt mit 120.000 Einwohnern ein beachtliches kulturelles Angebot hat. Nur die zeitgenössische bildende Kunst hat halt leider die schwächste Karte gezogen.
2011 haben Sie eine Dependance in Wien eröffnet, die sehr erfolgreich ist. Und man hat den Eindruck, dass sich der Schwerpunkt Ihrer Arbeit seither stark nach Wien verlagert hat.
E. Thoman: Das stimmt überhaupt nicht! Da muss ich Sie dringend bitten, sich die Ausstellungslisten anzuschauen. Es werden auch keine Ausstellungen hin- und hergeschickt. Alle Ausstellungen werden für den Ort gemacht, so wie zuletzt Oberhuber in Innsbruck.
Die Zweitgalerie „Thoman modern" haben Sie aber wieder aufgegeben?
K. Thoman: Ja, das war einfach zu viel, eine Überlastung. Wobei mir das Thema schon nach wie vor gefallen würde.
Wie sehen Sie die Entwicklung des Kunstmarktes in den letzten Jahren? Alle schauen immer auf die Millionenseller der großen Auktionen, aber wie schaut es im mittleren Preissegment aus?
E. Thoman: Die Presseberichte über Rekorde sind die eine Sache, aber kein Mensch berichtet über die sich unter der Spitze des Eisbergs befindlichen Masse, die liegen bleibt. Faktum ist, dass in den 2000er-Jahren ein vollkommen anderes Kapital in den Kunstmarkt gekommen ist. Das ist wohl zum Großteil wirklich Spekulationsgeld. Und ein Effekt daraus war schon, dass auch bei anderen Sammlern eine Verunsicherung eingetreten ist. Inzwischen hat sich das aber auch wieder gelegt.
K. Thoman: Ganz konkret von unseren Geschäftszahlen kann ich sagen: 2008 haben wir 312 Einzelgeschäfte gemacht. Die dann eine gewisse Summer ergeben haben. 2016 hatten wir mehr Umsatz, aber mit nur 76 Einzelgeschäften.
Das heißt, es werden weniger Werke gekauft, aber dafür weitaus hochpreisigere?
K. Thoman: Die großen Sammler, die viele Mittel haben, die sind nach wie vor dabei. Was fehlt, ist der mittlere Bereich. Der ist aber ganz wichtig. Weil der kauft — nach dem Auge, nach der eigenen Berührung — auch jüngere Künstler, die dann in zehn, zwanzig, dreißig Jahren vielleicht stolze Preise haben.
E. Thoman: Wir haben von Beginn an die Strategie verfolgt, dass wir selbst von unseren Künstlern ankaufen, was für eine zeitgenössische Galerie nicht selbstverständlich ist. Wodurch wir aber einen sehr großen Bestand haben.
Das Gespräch führte Ivona Jelcic
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