Innsbruck-Land

Ein Tausendsassa auf der Suche, in Leben und Kunst

© Stadtmuseum Hall in Tirol

Das Stadtmuseum Hall widmet sich den vielen Gesichtern des Künstlers Alfons Siber: als Maler, Zeichner und Restaurator oder auch als Skipionier.

Von Michael Domanig

Hall –„Maler, Zeichner, Tausendsassa“: So lautet der Untertitel einer vielschichtigen Ausstellung, die das Stadtmuseum Hall (Burg Hasegg) derzeit – und noch bis November – dem Künstler Alfons Siber (1860–1919) widmet. Sibers Todestag jährt sich zwar erst 2019 zum 100. Mal – aber da ist im Stadtmuseum eine große Ausstellung zum Kaiser-Maximilian-Jubiläum und zur Waldauf-Stiftung geplant, weshalb die Siber-Schau vorgezogen wurde.

In ihr rückt Kuratorin Sonja Fabian Sibers Vielseitigkeit in den Fokus: als Maler, Zeichner und Restaurator, aber auch als Sportpionier und „spannende Person im Zeitkontext“.

Nach ersten Ausbildungen u. a. in der Innsbrucker Glasmalerei-Anstalt studiert­e der gebürtige Schwazer an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Mit der klassischen Historienmalerei, die er dort bei Christian Griepenkerl oder Josef Mathias Trenkwald erlernte, scheint sich Siber durchaus identifiziert zu haben – davon zeugen neben der äußerst langen Studiendauer (1881–1890) auch mehrere Auszeichnungen, die er in dieser Zeit erhielt.

1890 kehrte Siber nach Tirol zurück. In Hall baute er einen historischen Ansitz südöstlich des Stadtkerns mit Erkern, Zinnen und Wandmalereien romantisierend-mittelalterlich um – bis heute kennt man das Gebäude als „Siber-Schlössl“.

Siber fasste in Innsbruck und Hall rasch Fuß: So erhielt er in Hall um 1900 prominente Aufträge der Stadt: Bekannt sind seine Wandmalereien in der Haller Ratsstube, für die er sich an der Rankenmalerei der Spätgotik orientierte. Beim Festumzug zum 600-Jahr-Jubiläum der Haller Stadterhebung 1903 fungierte er als „Chef- choreograph“: Szenen aus Geschichte und Vorgeschichte wurden in Form der damals sehr populären „Lebenden Bilder“ (Schauspielergruppen in Kostümen) dargestellt.

Insgesamt seien Person und Werk „nicht leicht einzuordnen“, ja von Gegensätzen und Widersprüchen geprägt, meint Fabian: So stand Siber den „Jung-Tirolern“ um den Dichter Arthur von Wallpach nahe, die sich gegen die Autorität der übermächtigen Kirche richteten. Er teilte deren antiklerikale, nationalliberale, auch deutsch-völkische Haltung bis hin zum „Germanenkult“. Auch typische Motive wie der symbolische Kampf Frühling gegen Winter (Neu gegen Alt) sind bei ihm prägend. Zugleich setzte sich Siber intensiv mit christlichen Bildprogrammen auseinander und erhielt viele Aufträge der Kirche. Die eindrucksvollen Fresken in der Haller Friedhofskapell­e, eines der raren Beispiele von Jugendstil-Wandmalerei in Tirol, gelten sogar als sein Hauptwerk.

Trotz seiner Prägung als Historienmaler sei Siber zugleich auch auf „Tuchfühlung mit der Avantgarde“ (Jugendstil etc.) gewesen, meint Fabian. „Er stand in Tirol aber auch für eine traditionalistische und rückwärtsgewandte Kunstauffassung.“ Siber sei letztlich „ein Suchender“ gewesen.

Die Ausstellung bildet sein­e vielen Gesichter ab – als Restaurator für die k. u. k. Zentralkommission (eine Art Vorläufer des heutigen Bundesdenkmalamts), als versierter Porträtmaler oder als früher Plakatkünstler. Stets bereitet­e Siber seine Malerei durch Studien akribisch vor: Bislang überwiegend unbekannte Blätter ermöglichen einen Einblick in diesen Schaffensprozess.

Die Ausstellung ist bis 11. November geöffnet (jeweils Fr, Sa, So von 14 bis 17 Uhr).

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