Innsbruck – Dass man nicht nur in der Zeit der Romantik Sinn für Romantik hatte, steht ebenso außer Zweifel, wie man in Zukunft darauf hoffen darf, dass selbst widrigste Lebensumstände romantische Gefühle zulassen werden. Gerade das romantische Gefühl, die Fähigkeit der Empfindsamkeit für feinste Seelenschwingungen, ist eine der inspirierendsten Quellen in der Kunst.
An Musikbeispielen aus mehr als hundert Jahren deutscher Kammermusik machten sich die Geigerin Isabelle Faust und Andreas Staier (Hammerklavier) am Montagabend im Rahmen der Kammermusikreihe im Konservatorium Innsbruck auf die Spur der Empfindsamkeit. Mit „Empfindungen“, Clavier-Fantasie mit Begleitung einer Violine fis-Moll Wq 80, von Carl Philipp Emanuel Bach waren spontan jene Gefühle geweckt, die einen in den Kosmos tiefster Empfindungen führten. Die Vielfalt der Ausdrucksnuancen, welche Faust und Staier oft mit subtil eingesetzten rubato-Effekten hervorzauberten, faszinierte und ließ einen weiten Blick auf die Seelenlandschaft des Komponisten werfen. Nicht weniger großes stilistisches Einfühlungsvermögen hörte man aus Felix Mendelssohn Bartholdys „Lieder ohne Worte“ für Pianoforte und Violine (bearbeitet von Friedrich Hermann). Man glaubte es zu spüren, jenes von E. T. A.
Hoffmann beschreibt die Qualität der Musik der Romantik als das zum Ausdruckbringen der Poesie des Unendlichen, was mit rundem, warmem Ton und feinsten Abschattierungen gelang.
Auch in Ludwig Van Beethovens Sonate für Violine und Klavier Nr. 10 G-Dur op. 96 und Robert Schumanns Phantasie für Violine und Pianoforte a-Moll op. 131 zeigten sich Faust und Staier über emotionale Qualitäten hinaus als intellektuelle Künstler, welche Takt für Takt abzuwägen wissen und nicht des Effektes willen in schroffe Härten oder triebgesteuertes Schwelgen verfallen. Zum Abschluss die Sonate für Violine und Klavier Es-Dur op. 120 Nr. 2 von Johannes Brahms:
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begnadet analytisch und voller Wärme zugleich. Ein nur scheinbares Paradoxon, von großen Künstlern der Romantik zelebriert und vom kongenialen Duo Faust-Staier grandios gefeiert. (hau)