Top of the mountain easter concert

Johannes Oerding im TT-Interview: „Ischgl ist ein Abenteuer“

Ein Flachländer mit Hut vor imposanter Bergkulisse und begeisterten Fans: Johannes Oerding sang zu Ostern auf der Idalp.
© TVB Paznaun/Ischgl

In Ischgl galt die Aufmerksamkeit am Ostersonntag nicht so sehr dem Osterhasen, sondern vielmehr Johannes Oerding. Der deutsche Popsänger trat vor 17.000 Besuchern auf der Idalp auf.

Ihre Songs entstehen teilweise morgens am Küchentisch, wenn Ihre Freundin, die Sängerin und Moderatorin Ina Müller, Ihnen Schlagworte zuwirft, aus denen Sie Liedzeilen formen. Was fällt Ihnen zum Schlagwort Ischgl ein?

Johannes Oerding: Ich komme vom flachen Land, darum ist Ischgl ein Abenteuer. Ich habe auch erst im Jänner angefangen, Ski zu fahren. Wenn ihr also in den nächsten Tagen jemanden mit Hut und roter Hose auf der Piste seht, der nicht bremsen kann – das bin ich. Ich denke aber vor allem an Weihnachten, wenn ich Schnee sehe. Es wäre wieder mal Zeit für einen Weihnachtssong, wie „Last Christmas“. Ich würde den Song wohl „Letzte Weihnacht“ nennen. Kreativ, oder?

Wie reagieren Sie, wenn Ihrer Freundin das Lied nicht gefällt? Sie seien ja nicht sehr kritikfähig.

Oerding: Wer ist das schon? Aber ich bin diesbezüglich schon besser geworden. Ich versuche, viel auszublenden. Als Selbstschutz und weil Kritik verunsichert. Fragt man zehn Leute nach ihrer Meinung, bekommt man zehn Antworten. Alles subjektiv. Als Künstler gebe ich ja auch viel von mir preis, wenn ich meine Lieder schreibe. Ich versuche authentische, glaubhafte Geschichten zu vermitteln, die ich im besten Fall so erlebt habe. Diese Musik geht am ehesten ins Herz. Da schlägt Kritik anders ein, als würde man nur Erbsensuppe machen und einer sagt: Die schmeckt heute aber nicht so gut. Da hat man nicht sein ganzes Leben reingesteckt, wie bei einem Song.

Johannes Oerding.
© TVB Paznaun/Ischgl

Welche Schlagworte haben Sie für das neue Album verarbeitet, das im November herauskommen wird?

Oerding: Das wird ein Ballermann- und Après-Ski-Album. So was hab’ ich nie zuvor gemacht und dachte, das wär’ auch nicht meines. Und dann steh’ ich eines Abends beim Après-Ski. Im nächsten Moment bin ich einer, der am lautesten mitsingt und Bier aus einem alten Turnschuh trinkt. Après-Ski kann eine große Freude sein, wenn man mit den richtigen Leuten unterwegs ist – und das dürfte in Ischgl der Fall sein. Als ich am Abend vor dem Konzert angekommen bin, kamen uns schon lustige Leute entgegen – wie soll ich sagen –, wer schwankt, hat mehr vom Weg.

Wird man eines Ihrer neuen Lieder bei der Vox-Show „Sing meinen Song“ sehen, die ab 7. Mai im TV läuft?

Oerding: Es gibt eine Weltpremiere von der neuen Platte.

Trotz Ihres Erfolgs leben Sie ganz bodenständig in einer Wohngemeinschaft in Hamburg.

Oerding: Jeder Promi kommt abends heim und ist auch nur ein Mensch, der irgendwie hoffentlich gut erzogen wurde und auch eine gewisse Bodenständigkeit in sich trägt. Bei mir war es zusätzlich ein sehr langer Weg zum Erfolg, der sich über viele Jahre gezogen hat. Da konnte ich immer sehr überschaubar verkraften und verpacken, was passiert ist. Deshalb gab’s keine Chance, so richtig durchzudrehen. Und ich mag das auch, wenn man wieder zuhause und einfach ein normaler Junge ist.

Inzwischen haben Ihre Alben Platz zwei, drei und vier der deutschen Charts erklommen – vor diesem Erfolg gab es sicher Skeptiker. Was haben Sie denen geantwortet?

Oerding: Ehrlich gesagt wusste ich selbst nicht, dass es diesen Beruf Musiker gibt. Ich komme aus einem ganz kleinen Dorf, da war dieser Beruf viel zu weit weg. Deshalb war mir klar, man macht die Schule, wenn man Glück hat, kriegt man sein Abitur, dann geht man irgendwas studieren. Ich wusste nicht, was ich studieren soll, also habe ich mich wie alle, die’s nicht wissen, BWL gemacht. Währenddessen ging’s mit der Musik los, sodass ich die meisten Klausuren verpasst hab’, weil ich auf Tour war. Aber das Studium hab’ ich schon absolviert, um meine Eltern zu beruhigen.

Das Interview führte Judith Sam

Weg an die Spitze

Johannes Oerding wurde 1981 bei Münster (Deutschland) geboren und zog später nach Hamburg.Seine Schülerband wurde bei einem Stadtfest von einem Produzenten entdeckt. 2006 trat Oerding im Vorprogramm von Bands wie „Simply Red“ auf. Bekannt wurde Oerding schließlich, als er beim Bundesvision Song Contest 2013 den zweiten Platz belegte. Seither hat er fünf Alben herausgebracht, zuletzt „Kreise“ (2017).

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