Münchner Oktoberfest

Ruhiger Wiesn-Auftakt, aber erste „Bierleiche“ nach zehn Minuten

An 16 Festtagen kommen an die sechs Millionen Besucher - und sie trinken etwa sieben Millionen Maß Bier.
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Feiernde Massen, klirrende Krüge – das Oktoberfest hat begonnen. Sechs Millionen Gäste werden erwartet. Das Wetter ist perfekt - Sorgen ums Klima spielen am Anstichtag nur am Rande eine Rolle.

Von Sabine Dobel, Marco Krefting und Moritz Baumann, dpa

München – Sonne, blauer Himmel und ein gelungener Anstich: Die Wiesn hat am Samstag einen Bilderbuchstart hingelegt. Mit zwei Schlägen zapfte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) – inzwischen Meister dieser Kunst – das erste Fass Bier an und stieß mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf eine friedliche Wiesn an. Dass nichts passiert, dass alle wieder heil nach Hause kommen: Das ist das Wichtigste – da sind sich alle einig.

Ozapft is: Mit erneut zwei Schlägen hat Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Samstag das erste Fass Bier auf der Wiesn angezapft und damit das 186. Oktoberfest eröffnet.
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Weniger Sicherheitsbedenken, mehr Besucher

Mehr Menschen als in den Vorjahren strömten am ersten Tag zum Volksfest, in den Gassen zwischen Zelten und Fahrgeschäften herrschte schon nachmittags Gedränge, viele Zelte waren wegen Überfüllung geschlossen. „Man hat es beim Einzug der Wirte gesehen: Es waren an den Straßen wahnsinnig viele Leute – viel, viel mehr als früher“, sagte Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU). „Ich glaube, die Lust auf die Wiesn ist wieder größer geworden.“ Das gute Wetter dürfte ein Grund sein – und es gibt weniger Sorgen um die Sicherheit. Für die ist alles getan. Hunderte Polizisten und Hunderte Ordner sind im Einsatz, fast 50 Videokameras überwachen das Gelände.

Schon vor dem offiziellen Start mussten am Samstagvormittag die ersten Bierzelte wegen Überfüllung geschlossen werden.
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Aus Polizeisicht ist die Wiesn wie erhofft friedlich gestartet. Zwar gab es schon zum Wiesn-Auftakt am Samstag erste Einsätze, wie eine Sprecherin sagte. Darunter sei aber nichts Größeres gewesen. „Es ist noch alles gesittet.“ Immer mal wieder müssten die Beamten Streitigkeiten schlichten. „Aber man merkt langsam, dass es Fahrt aufnimmt“, sagte die Sprecherin.

Zu tief in die Maß geschaut.
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In den gut zwei Wiesnwochen sind in der Sanitätswache rund 600 Helfer und 50 Ärzte im Einsatz.
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Schon zehn Minuten nach dem Anzapfen haben indes Sanitäter die erste „Bierleiche“ behandelt. „Eine 18-Jährige Engländerin hatte vorher zuviel getrunken und dann eine Alkoholvergiftung erlitten“, teilte die Aicher Ambulanz Union am Samstag mit. Den ersten Abtransport von der Wiesn ins Krankenhaus verzeichnete der Sanitätsdienst wenige Minuten später: Eine Bedienung hatte einen Maßkrug ins Gesicht bekommen. In den gut zwei Wiesnwochen sind in der Sanitätswache rund 600 Helfer und 50 Ärzte im Einsatz. Die kümmern sich nicht nur um Betrunkene, sondern auch um gesundheitliche Probleme wie Schnittverletzungen und Herz-Kreislaufbeschwerden.

Klimafrage hat längst auch die Wiesn erreicht

Nach der Terrorangst der vergangenen Jahre gibt es heuer ein anderes drängendes Thema: das Klima. Das größte Volksfest der Welt gilt zwar weltweit als Vorbild in der umweltschonenden Organisation, wird aber dennoch mit sechs Millionen Besuchern auch künftig kaum zur Energiespar-Veranstaltung mutieren. Das Fest verbraucht an den gut zwei Festwochen so viel Strom wie eine Kleinstadt mit 21.000 Einwohnern, 2,93 Millionen Kilowattstunden waren es 2018. Dazu wurden 200.937 Kubikmeter Erdgas verbraucht. Durch Ökostrom und Ökogas spart das Fest rund 1000 Tonnen CO2 ein.

Wiesnhit: Silbereisen sieht erneut Chance für „Cordula Grün“

Das Oktoberfest hat gerade begonnen, da wird schon spekuliert: Welcher Song könnte der Wiesnhit 2019 werden? Im vergangenen Jahr hatte sich schon früh „Cordula Grün“ des Wiener Musikers Josh. an die Spitze der Hits gesetzt – und am Ende das Rennen gemacht. „Ich kann mir vorstellen, dass „Cordula Grün“ wieder ganz weit vorne liegen wird“, sagte der Moderator und Sänger Florian Silbereisen am Samstag beim Wiesn-Anstich im Schottenhamel-Zelt.

Zuvor war der Song „Hulapalu“ von Andreas Gabalier zum Wiesnhit gekürt worden – ebenfalls zwei Jahre hintereinander.

Der meistgespielte Hit war laut der Verwertungsgesellschaft Gema allerdings zumindest 2016 und 2017 „Ein Prosit der Gemütlichkeit“. Das Trinklied lag rein zahlenmäßig auf Platz eins. Bei dem obligatorischen „Oans, zwoa – gsuffa!“ heben die Gäste die Maßkrüge – ob das den Umsatz hebt, ist umstritten.

Bei dem alljährlich gesuchten und am Ende von der Festleitung bekannt gegebenen Wiesnhit geht es nicht um reine Zahlen, sondern um einen Trend und neue Songs, die besonders gut ankommen.

Forscher der Technischen Universität München (TUM) hatten 2018 allerdings einen erhöhten Methanausstoß gemessen. Sie fanden auf dem Wiesngelände im Schnitt sechsfach erhöhte Methanwerte verglichen mit der Zeit vor oder nach dem Volksfest. Wahrscheinlich liegt das an den Gasgrills.

München feiert wieder das größte Volksfest der Welt: Seit Samstag ist Wiesn - und die Stadt befindet sich damit für zwei Wochen im Ausnahmezustand.
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Söder: „Lebensfreude mit Klimaschutz verbinden“

Eine Handvoll Zelte, darunter der Schottenhamel, in dem der Oberbürgermeister das erste Fass anzapfte, haben Solarzellen fürs heiße Wasser. LED-Lampen erleuchten die Zelte. Spülwasser der Bierkrüge wird in den Zelten für die Toilettenspülung verwendet. Die Stadt berücksichtigt, so betont OB Reiter, bei der Zulassung noch mehr als früher Umweltverträglichkeit und Regionalität. Bewerber bekommen etwa Punkte wie die Verwendung biologisch abbaubarer Hydrauliköls, für schadstoffarme Zugmaschinen und ein Produktangebot aus Öko-Anbau. Es gibt nicht nur vegetarische, sondern auch vegane Gerichte.

Das Gerangel um die ersten vollen Maß war groß. Die Maß kostet bis zu 11,80 Euro, das sind 30 Cent mehr als der Höchstpreis des Vorjahres.
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Trotzdem bleibt die Wiesn ein Fest des Fleisches: Zehntausende Hendl werden allein am ersten Wochenende gegrillt, dazu mehrere Ochsen. Der erste, der am Samstag in der Ofenbraterei auf dem Gasgrill hing, hieß Max. Immerhin drehte sein Spieß mit Ökostrom.

CSU-Chef und Ministerpräsident Söder, am Vortag noch beim 19-stündigen Klimaverhandlungsmarathon in Berlin, sagt, die Organisatoren hätten ihre Anstrengungen zu Klimaausgleichmaßnahmen weiter verstärkt. „Wir müssen Lebensfreude mit Klimaschutz verbinden.“ Man solle sich weiter mit Klimaneutralität befassen – aber „trotzdem die Wiesn genießen“.

Kommt Obama aufs Oktoberfest?

Neben Vertretern aus der Politik feierte am ersten Tag auch die Prominenz aus dem Showbusiness: etwa die Schauspielerinnen Michaela May, Aylin Tezel und Luna Schweiger sowie die Volksmusikstars Florian Silbereisen, Carolin Reiber und Marianne und Michael und Sänger Oli P. Auch Kai Pflaume mischte sich unters feiernde Volk. Der Fernsehmoderator bricht auf dem Oktoberfest seine Alkohol-Abstinenz: „Ich habe drei Monate keinen Alkohol getrunken“, sagte er am Samstag zum Wiesn-Start im Bayerischen Fernsehen. „Also das heißt: Die erste Maß - mal gucken wie sie wirkt.“

Spekuliert wird in diesem Jahr über einen besonderen Besuch: Barack Obama spricht am 29. September beim Start-up-Festival „Bits & Pretzels“ in München – da wäre es nur ein Katzensprung zur Theresienwiese. 2016 hatte er angekündigt, das Oktoberfest nach Ende seiner Amtszeit besuchen zu wollen. Im vergangenen Jahr waren überraschend schon die Clintons auf der Wiesn aufgetaucht. (dpa, TT.com)

Freilich war auch die Prominenz vertreten. Hier im Bild: Oli P, Carolin Reiber, Kai Pflaume und Florian Silbereisen.
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