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Einzigartig in Tirol: 31-jähriger Telfer ist der Herr der Fische

Fabian Auer filetiert einen Steinbutt.
© Foto TT / Rudy De Moor

Fabian Auer hat in Tirol einen einzigartigen Titel: Er darf sich Fischsommelier nennen. Der Telfer hat in Bremerhaven in Deutschland alles über die Meeresbewohner gelernt.

Von Andrea Wieser

Ötztal Bahnhof – Wenn Fabian Auer einen Fisch filetiert, dann sieht es aus, als würde er mit der Klinge durch weiche Butter gleiten. Zielsicher setzt er beim Steinbutt aus Spanien an, führt das Messer bei den Wirbeln entlang und trennt in Windeseile vier Filets aus dem Körper des großen Plattfisches.

An der Unterseite weist der Fisch die typischen Flecken für Tiere in Zuchtstationen auf.
© Rudy De Moor

Wie oft der gelernte Gastronomiefachmann das schon gemacht hat, ist nicht mehr nachzurechnen. Seit Ende 2017 macht er es aber mit Zertifikat. Auer, der in Ötztal Bahnhof beim Lebenmittel-Großhändler Neurauter frisch tätig ist, darf sich Fischsommelier nennen. Im Norden Deutschlands, in Bremerhaven, hat er die zweimonatige Ausbildung absolviert. Seitdem ist der 31-Jährige geschult in allen Fischfragen: Von der Warenkunde über Gesundheit und Nachhaltigkeit bis hin zu Qualitätssicherung und Marketing. „Wir mussten uns durch Skripten mit 1700 Seiten arbeiten“, erinnert sich Auer an die intensive Schulung. Mit 25 Kollegen war er in Bremerhaven mit dabei.

Wappen und Tattoo lassen die Leidenschaft des Sommeliers erkennen.
© Foto TT / Rudy De Moor

Für den Lebensmittelexperten, der bei seinem Arbeitgeber derzeit für die Kommissionierung der angelieferten Produkte zuständig ist, kommt die Ausbildung zum besten Zeitpunkt: „Laut der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, wird der Bedarf an Fisch bis 2030 um 30 Prozent steigen.“ Eine Nachfrage, die allein durch Fischerei nicht zu stemmen sei. Das bedeutet, dass Aquakulturen eine noch größere Bedeutung bekommen werden. Ein Punkt, der dem Tiroler Fischliebhaber extrem wichtig ist. „Es ist da sehr viel falsch gemacht worden, aber man hat dazu gelernt“, spielt er auf das schlechte Image der groß angelegten Fischzucht an, die mit teils zu kleinen Becken und einem Übermaß an Antibiotika traurige Berühmtheit erlangte. Da habe es inzwischen massive Verbesserungen gegeben. „Man kann das gut mit Wein vergleichen. Wer hätte nach dem Glykolwein-Skandal noch am ihn geglaubt?“ Heute spiele man in der Spitzenliga.

Dass das Fischimage gerade in eine positive Richtung dreht, freut Auer natürlich. „Fisch liegt im Trend. In der modernen Küche wird er vermehrt eingesetzt“, sagt Auer. Das habe damit zu tun, dass sich das Gesundheitsbewusstsein der Österreicher immer mehr verbessert. Da spiele Fisch, der dank der Omega-3-Fettsäuren als Lieferant von „gutem“ Fett gilt, eine wichtige Rolle.

Und damit die Begeisterung für Fisch auch bei den Gastronomen von morgen ankommt, besucht Auer regelmäßig die Berufsschule in Landeck. „Ich will dort mein Wissen weitergeben“, erzählt er. Das sei ihm nicht zuletzt deswegen wichtig, weil über Fisch nach wie vor sehr viele Falschinformationen im Umlauf sind. Das beginne beim Klassiker, der Geruchsanalyse: „Natürlich soll frischer Fisch nicht stinken“, stellt er fest. Aber wenn man einen trächtigen Zander erwischt, riecht dieser stark modrig. Kauft man hingegen einen Lachs, sollte er aus den Kiemen nach Gurke duften. Und die trüben Augen eines Fisches sagen nicht immer dasselbe. „Grundsätzlich soll frischer Fisch klare Augen haben“, stellt der Experte klar. Ganz anders sei das aber bei Tiefseefischen, denen aufgrund des Druckunterschieds beim Fang die Augen platzen würden. Das sei in diesem Fall dann natürlich kein Zeichen für mindere Qualität.

Das prägende Schlüsselerlebnis mit Fisch hatte Auer selbst übrigens in der eigenen Küche. „Ich habe in meinem ersten Berufsjahr einen Steinbutt so schlecht filetiert, dass man ihn nicht mehr verkaufen konnte.“ Da der Fisch zwar keine schöne Form mehr hatte, aber geschmacklos noch tadellos war, bekam er ihn von seinem Chef geschenkt. Zu Hause in der eigenen Küche bereitete er sich damit ein Abendessen zu und erlebte den einzigartigen Geschmack des köstliches Fisches. Damit waren die Weichen für den weiteren Werdegang gestellt.

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