Küssen verboten: Warum wir Fieberblasen bekommen
Harmlos, aber lästig, im Winter auch Gletscherbläschen genannt: Bis zur Pubertät sind 80 Prozent der Bevölkerung mit dem Fieberblasen-Virus infiziert. Die Strategie: Gelassenheit, Pasten und im Falle Medikamente.
Von Sabine Strobl
Innsbruck – Der Skitag war traumhaft, die Nachwirkungen sind es weniger. Spannungsgefühl, Juckreiz, Schmerzen und nässende Bläschen breiten sich im Mundwinkel aus. In acht bis neun Tagen verschwindet der Spuk wieder, bis zum nächsten Mal. Über Fieberblasen können sich Betroffene stundenlang beraten. Die TT hat für einen Faktencheck bei der Hautklinik nachgefragt.
Durch Köperkontakt übertragen
Hauptverursacher von Fieberblasen ist das Herpes-simplex-Virus Typ 1: Dieses wird meist schon im Kindesalter von den Eltern, bei denen bereits Fieberblasen aufgetreten sind, durch Kontakt mit Herpesbläschen an ihren Nachwuchs weitergegeben. Die Rate steigt vom Kleinkindalter bis zur Pubertät stetig an. „Zu diesem Zeitpunkt sind dann über 80 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus infiziert“, erklärt Matthias Schmuth, Direktor der Innsbrucker Uniklinik für Dermatologie und Venerologie. Eine Ansteckung kann aber auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Jeder Mensch verarbeitet die Infektion unterschiedlich, deshalb sorgen Fieberblasen auch immer wieder für Gesprächsstoff. Bei den einen verläuft die Ansteckung still, sie bekommen nicht einmal eine Fieberblase, bei anderen treten extreme Symptome auf. So kann sich etwa der gesamte Mundraum röten und wund werden. Das Tückische am Virus ist, dass es der Körper nicht mehr loswird. Stattdessen hält es sich im Schlafzustand in gewissen Nervenzellen auf und kann zu einem späteren Zeitpunkt im Leben wieder aktiv werden.
Wobei einige Menschen trotz einer Infektion keine Fieberblasen mehr bekommen, andere immer wieder die gefürchteten Bläschen entwickeln und einige sogar sehr oft darunter leiden. Dafür gibt es mittlerweile eine „genetische“ Erklärung. So nennt Schmuth eine jüngere Studie, nach der das häufige Auftreten von Fieberblasen auf eine Anlage im Immunsystem zurücktzuführen ist.
Da sich das Virus nicht beseitigen lässt, werden die Symptome, also die Bläschen, mit Cremes und Gels behandelt. Man kann sich auch in der Apotheke eine austrocknende Paste anrühren lassen. Andere erzielen Behandlungserfolge mit Zahnpasta. Nur bei schweren Verläufen kommen Tabletten zum Einsatz. Die gute Nachricht ist, dass die Medikamente heute sehr wirksam und gut verträglich sind. Selten kann auch eine Infusionstherapie notwendig werden. Auch wenn sich das Virus ins Auge (gerötetes und schmerzendes Auge) verirrt, ist ein Besuch beim Arzt nötig, damit es zu keinen Schädigungen der Hornhaut kommt.
Fieberblasen sind meist nur lästig, aber harmlos. Bei Menschen mit Immunschwäche infolge einer schweren Erkrankung und auch bei Kindern mit Neurodermitis müssen Fieberblasen aber sehr ernst genommen werden.
Fieberblasen nach Stress
Generell wird man die Weitergabe des Virus nicht stoppen können. Wer verzichtet schon auf einen Kuss? Wer aber gerade an einer Fieberblase leidet, sollte Körperkontakt tunlichst vermeiden. Das gilt auch für einige Zeit nach dem Abheilen der Bläschen. Und welche Ereignisse wecken das Virus später wieder auf? Starkes UV-Licht wie beim Skifahren kann Fieberblasen auslösen, Verkühlungen und andere Infektionen, Stress, bei Frauen auch die Monatsblutung sowie ein geschwächtes Abwehrsystem etwa nach einer Operation.
Wie der Name schon sagt, gibt es neben dem Typ 1 das Herpes -simplex-Virus Typ 2, den Auslöser von Genitalherpes, der bei Geschlechtsverkehr und intimem Kontakt übertragen wird. 20 Prozent der Erwachsenen sind davon betroffen. Früher galt die Regel: Typ 1 tritt oberhalb der Gürtellinie, Typ 2 unterhalb davon auf. Aufgrund von Sexualpraktiken wie Oralverkehr hat sich diese Grenze erübrigt. Im Genitalbereich ist Herpes aber besonders unangenehm. Schmuth: „Leider kommt das Typ-2-Virus bei Frauen häufiger vor als bei Männern.“