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Google schwieg ein halbes Jahr über Datenpanne bei Google Plus

(Symbolbild)
© Reuters/McLachlan

Bisher war das Online-Netzwerk Google Plus nur ein misslungener Versuch, Facebook Konkurrenz zu machen. Doch jetzt könnte eine Datenpanne bei der Plattform Google massiven Ärger einbrocken.

Mountain View – Eine Software-Panne beim Online-Netzwerk Google Plus hat App-Entwicklern jahrelang unberechtigten Zugang zu einigen privaten Nutzerdaten gewährt. Als eine Reaktion wird die 2011 als Konkurrenz zu Facebook gestartete Plattform zumindest für Verbraucher dichtgemacht. Außerdem werden allgemein die Möglichkeiten von App-Entwicklern eingeschränkt, auf Nutzerdaten auf Smartphones mit dem Google-System Android zuzugreifen. Fragen von Behörden könnte aufwerfen, dass der Internet-Riese die Öffentlichkeit erst ein halbes Jahr nach Entdeckung und Schließung der Lücke bei Google Plus informierte.

Verstoß gegen DSGVO

Durch die Software-Panne hätten App-Entwickler auf den Namen, die E-Mail-Adresse sowie Informationen über Beschäftigung, Geschlecht und Alter von Nutzern zugreifen können, räumte Google am Montag ein. Um andere Daten gehe es nicht. Zugleich kann Google den Kreis der betroffenen Nutzer nicht genau eingrenzen. Der Fehler sei im März 2018 entdeckt und umgehend behoben worden, hieß es. Die Lücke bestand aber bereits seit 2015, wie als erstes das „Wall Street Journal“ berichtete.

Google habe zwar keine Hinweise auf einen Datenmissbrauch, aber auch nicht genug Informationen, um ihn vollständig auszuschließen, zitierte das Blatt aus den Unterlagen. Der Konzern habe sich im März dagegen entschieden, die Öffentlichkeit gleich über die Entdeckung zu informieren. Ein Faktor sei die Sorge vor erhöhter Aufmerksamkeit der Regulierungsbehörden gewesen – die Google jetzt gewiss sein dürfte. In der EU schreibt die Ende Mai in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung strikt vor, Betroffene zu informieren.

Bis zu halber Million Konten betroffen

Potenziell könnten Profile von bis zu 500.000 Konten bei Google Plus betroffen sein, erklärte der Internet-Konzern unter Verweis auf eine Analyse der Daten von zwei Wochen im März. Der Konzern könne aber keine weitergehenden Angaben machen, weil Nutzungslogs nur zwei Wochen lang gespeichert würden. Bis zu 438 Apps auf die Schnittstelle mit der Datenlücke zugegriffen haben, hieß es.

Google Plus werde derzeit von Verbrauchern kaum genutzt – und 90 Prozent der Interaktionen dauerten weniger als fünf Sekunden, erklärte der Konzern. Die Einstellung der Verbraucherversion solle nach einer zehnmonatigen Übergangszeit Ende August kommenden Jahres abgeschlossen werden. Damit gesteht Google auch offiziell die bereits klare Niederlage im Wettbewerb der Online-Netzwerke mit Facebook ein. Für die interne Kommunikation in Unternehmen soll Google Plus weiter betrieben werden.

Auswirkungen für Android-Nutzer

Größere Auswirkungen für Verbraucher dürften entsprechend die Änderungen beim Mobil-Betriebssystem Android haben, das auf Geräten von hunderten Millionen Menschen läuft. Die Nutzer werden präziser bestimmen können, welche Daten sie mit einer App teilen wollen, wie Google ankündigte. Grundsätzlich würden weniger Apps Zugriff auf Anruflisten und SMS-Daten bekommen.

Außerdem werde auch der Zugriff von App-Entwicklern auf die E-Mails in Googles GMail-Dienst stärker eingeschränkt. Das „Wall Street Journal“ hatte im Sommer berichtet, App-Entwickler verwendeten zum Teil E-Mails von Nutzern, um Algorithmen etwa für automatische Antworten zu trainieren. Das hatte für Kritik gesorgt.

Dem „Wall Street Journal“ zufolge wiesen Googles Juristen das Top-Management nach Entdeckung der Schwachstelle darauf hin, dass eine Offenlegung vermutlich „sofortiges Interesse von Regulierern“ und Vergleiche mit dem Facebook-Datenskandal um Cambridge Analytica auslösen würde. Ein internes Gremium habe entschieden, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen, Google-Chef Sundar Pichai sei darüber informiert gewesen. Ein Google-Sprecher sagte der Zeitung, ausschlaggebend bei solchen Entscheidungen sei unter anderem, ob es Hinweise auf Missbrauch gebe und ob man betroffene Nutzer identifizieren könne. (dpa)

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