Tirol

Konflikte im Schulbus: „Belastung für Busfahrer nimmt zu“

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Mehrmals sollen Chauffeure letzthin gegenüber jungen Fahrgästen handgreiflich geworden sein. Für Experten steht fest: Solche Fälle sind nicht zu entschuldigen, die Berufsgruppe sei aber enormem psychischen Stress ausgesetzt.

Von Benedikt Mair

Innsbruck –Rempler, Ohrfeigen, Schläge oder Handys, die an den Kopf geworfen werden – mehrere Zwischenfälle, bei denen Busfahrer ihre Nerven weggeworfen und junge Fahrgäste mitunter körperlich angegriffen haben sollen, sorgten in den vergangenen Tagen für Aufsehen und Diskussionen. Sind Kinder und Jugendliche schuld, weil sie sich nicht benehmen können? Sollten psychisch labile Menschen keine Busse lenken und wird so etwas überhaupt kontrolliert?

Zur Erinnerung: Vor zwei Wochen waren Vorwürfe gegen den Lenker eines Linienbusses in Neustift im Stubaital aufgetaucht, der gegen mehrere Schüler handgreiflich geworden sein soll. Zumindest die Anschuldigung, dass er einem Mädchen absichtlich über den Fuß gefahren sein soll, wurde entkräftet. Die Polizei ermittelt derzeit noch weiter in dem Fall. Einige Zeit zuvor soll ein Bus-Chauffeur in der Haller Straße in Innsbruck einen 15-Jährigen gepackt, an die Seitenscheibe des Fahrzeugs gedrückt und ihn geschlagen haben.

„Gerade die Busfahrer haben im Vergleich zu anderen Berufsgruppen einen enormen Stresslevel zu bewältigen“, sagt Christian Kräutler. Der Verkehrsexperte des Kuratoriums für Verkehrssicherheit verweist darauf, dass neben der Tatsache, sich auf die Geschehnisse auf der Straße konzentrieren zu müssen, auch noch die Verantwortung für oft Dutzende Fahrgäste hinzukommt. „Und in Bussen geht es ja außerdem selten ruhig zu.“ Natürlich gebe es Grenzen, deren Überschreiten durch Stress nicht zu entschuldigen sei, spricht Kräutler die Vorfälle in Tirol an. „Wenn der Stress aber durch verschiedene Faktoren immer weiter ansteigt, ist es bei vielen Menschen so, dass sie die Kontrolle über ihr Verhalten verlieren.“

„Ob Kinder reflektieren können, dass der Busfahrer gerade arbeiten muss, wage ich zu bezweifeln“, so Martin Baltes (IVB-Geschäftsführer).
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Dass es für die Lenker durchaus schwer sein kann, die Fassung zu bewahren, weiß Helmut Buchacher, Betriebsrat Innsbrucker Verkehrsbetriebe (IVB). „Die Psyche betreffend geht dieser Beruf mit extremen Anforderungen einher. In den letzten Jahren nimmt die Belastung für Busfahrer zu, weil die Hemmschwellen der Fahrgäste weiter sinken.“ Hier würden Füße hochgelegt, dort stünden junge Fahrgäste nicht mehr für ältere auf, der Lärmpegel sei gewaltig.

Freilich seien all diese Punkte auch für Buchacher keine Entschuldigung für das Anwenden von Gewalt, aber die Ruhe bewahren zu müssen, „ist oft leichter gesagt als getan. Wo wie in den öffentlichen Verkehrsmitteln Menschen sind, menschelt es hie und da eben auch. Trotzdem sollten die Fahrer immer die Ruhe bewahren können.“

Diese Voraussetzung sollte jeder Bewerber für einen Job im öffentlichen Nah- oder Fernverkehr mitbringen. „Die psychische Belastbarkeit ist einer der wichtigsten Aspekte vor Neuanstellungen“, sagt Martin Baltes, Geschäftsführer der IVB. „Bei den Aufnahmetests werden beispielsweise bewusst stressige Situationen simuliert. Und selbst unsere Angestellten werden immer wieder geschult.“ Und auch wenn das Stresslevel laut Baltes für die Fahrer bestimmt gestiegen sei, „müssen unsere Fahrer sich immer vor Augen halten, dass sie Profis sind“. Nur: „Ich wage zu bezweifeln, dass vor allem Kinder und Jugendliche reflektieren können, dass der Fahrer gerade arbeiten muss. Das war in meiner Jugend auch nicht anders.“

Ist aber doch etwas dran an den – besonders in sozialen Medien immer wieder erhobenen – Vorwürfen, dass die Manieren der heutigen jungen Generation oft zu wünschen übrig lassen? „Nichts“, sagt Tirols Kinder- und Jugendanwältin Elisabeth Harasser. „Kinder und Jugendliche sind heute nicht schlimmer als vor 20 Jahren. Und wenn Erwachsene ihnen Respekt entgegenbringen, tun sie es auch.“

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