Hurrikan „Dorian“ wütet auf Bahamas: „Extreme Zerstörung“
Aufnahmen von der Inselgruppe zeigen ein Bild der Verwüstung durch den Hurrikan der höchsten Kategorie - abgedeckte Häuser, umgeknickte Bäume und dramatische Überschwemmungen.
Abacos — Der hochgefährliche Hurrikan „Dorian" ist mit zerstörerischen Windgeschwindigkeiten von knapp 300 Kilometer pro Stunde auf die nördlichen Bahamas getroffen. Die teilweise gemessenen Geschwindigkeiten lagen dreimal über die Geschwindigkeit, ab der ein Sturm als Hurrikan eingestuft wird. Auf Videos aus Abaco waren überschwemmte Straßen, unter Wasser stehende Häuser und umgeknickte Bäume zu sehen.
Auf Grand Bahama war die Stromversorgung an vielen Orten unterbrochen, wie der US-Sender CNN berichtete. Der Flughafen in der größten Stadt Freeport stehe unter Wasser, schrieb die bahamaische Zeitung The Tribune. Auch auf New Providence, der bevölkerungsreichsten Insel der Bahamas, auf der sich auch die Hauptstadt Nassau befindet, gab es demnach Überschwemmungen. Berichte über Verletzte oder Tote gab es zunächst keine. Das Hurrikan-Zentrum warnte für den gesamten Montag vor "extremer Zerstörung" und Windböen von bis zu 320 Kilometern pro Stunde.
Montag gegen 3 Uhr Ortszeit (9 Uhr MESZ) befand sich der Hurrikan über Freeport, der größten Stadt der Insel Grand Bahama, wie auf Karten des US-Senders CNN zu sehen war. „Dorian" war am Sonntag über die Inseln Great Abaco und Great Bahama hinweg gefegt und sollte von dort langsam nordwestlich Richtung Florida weiterziehen. Der sich nur langsam bewegende Sturm dürfte den ganzen Montag hindurch jedoch noch durch die Inseln pflügen. Vom späten Montag bis Dienstagnacht dürfte der Sturm gefährlich nahe an die Ostküste Floridas gelangen.
Hubert Minnis, Ministerpräsident der Inselgruppe zwischen Florida, Kuba und Haiti, rief die Bevölkerung auf, sich so schnell wie möglich in Sicherheit zu bringen. „Dorian" sei ein Hurrikan „wie wir ihn in der Geschichte der Bahamas noch nie zuvor gesehen haben", sagte Minnis, der bei einer Pressekonferenz in Tränen ausbrach. Es sei „wahrscheinlich der traurigste Tag" seines Lebens. Laut dem US-Hurrikanzentrum (NHC) dürfte „Dorian" rund 30 Stunden über den Bahamas wüten.
Wasserpegel steigen bis zu sieben Meter an
Das gesamte Ausmaß der Schäden auf den Bahamas war zunächst nicht absehbar. Experten des Nationalen Hurrikan-Zentrums (NHC) in Miami warnten, dass "katastrophale Zerstörung" zu befürchten sei. Den nur knapp über Meereshöhe liegenden Inseln drohten lebensgefährliche Sturmfluten von bis zu sieben Meter Höhe und heftige Regenfälle. Schnell ansteigende Pegelstände von bis zu zwischen 5 und 7 Metern könnten für Überschwemmungen sorgen. „Wir beten und hoffen für das Beste, aber bereiten uns auf das Schlimmste vor", zitiert die New York Times den Landwirtschaftsminister der Bahamas Michael Pintard.
Das Ausmaß der Schäden auf Abaco könne wegen des sich nur langsam bewegenden Sturms frühestens am Montagnachmittag festgestellt werden, sagte Joy Jibrilu, die Generaldirektorin des Tourismusministeriums, dem US-Sender CBS in einem Telefonat. Viele der Einwohner hätten die bereitgestellten Notunterkünfte aufgesucht.
Der Direktor für internationale Beziehungen und Menschenrechte der Bahamas Louby George berichtete in dem Blatt, dass sich Verzweiflung unter der Bevölkerung breit mache. Die Unterkünfte seien überfüllt und viele aus der ärmeren Bevölkerung würden Zuflucht in Kirchen suchen. Diese seien jedoch nicht als Notunterkünfte registriert und würden deshalb nicht versorgt werden. Es gäbe dort teilweise kein Trinkwasser und kein ausgebildetes Personal.
Bisher zweitstärkster Hurrikan im Atlantikbecken
Die Behörden des Inselstaats mit rund 400.000 Einwohnern hatten Zehntausende Einwohner aufgefordert, sich in Schutzunterkünfte oder höherliegende Gebiete zu begeben. Laut dem NHC ist „Dorian" der zweitstärkste Hurrikan im Atlantikbecken seit Beginn der Aufzeichnungen.
„Dorian" ist ein „katastrophaler" Hurrikan der höchsten Stufe fünf, der an Land typischerweise zu großer Zerstörung führt. Erfahrungsgemäß wird ein Großteil der Häuser abgedeckt oder zusammenstürzen, Bäume und Strommasten knicken ein. Die Versorgung mit Strom und Trinkwasser kann ebenso wie das Kommunikationsnetz für Tage oder Wochen kollabieren.
Florida rüstet sich
Der Sturm trifft die USA an einem verlängerten Wochenende — am Montag ist dort ein Feiertag. Mehrere Orte in Florida haben bereits Evakuierungen für küstennahe und tieferliegende Gebiete angeordnet. Gleiches gilt für Küstengebiete in Georgia. Auch in den beiden „Carolinas", South und North Carolina, ist im Lauf der Woche mit heftigen Winden, starken Regenfällen und Überschwemmungen zu rechnen.
US-Präsident Donald Trump warnte die Anwohner der Küstengebiete vor den katastrophalen Folgen des Hurrikans. „Seine Auswirkungen werden über Hunderte Meilen oder mehr vom Auge des Sturms entfernt spürbar sein", sagte Trump am Sonntag nach einer Sitzung mit der Katastrophenschutzbehörde Fema. Der Hurrikan sei „einer der größten, den wir je gesehen haben", erklärte Trump weiter und zeigte sich überrascht, dass ein Sturm überhaupt so stark sein könne. Er sicherte den Bundesstaaten zu, dass die Regierung in Washington während und nach dem Sturm Hilfe bereitstellen werde.
Hunderttausende Küstenbewohner werden in den USA evakuiert
In Teilen Floridas müsse zum Wochenbeginn mit starkem Regen, gefährlichen Überflutungen und zerstörerischen Winden gerechnet werden, warnte das Nationale Hurrikan-Zentrum. Dies gelte gegen Mitte der Woche auch für die nördlich angrenzenden Bundesstaaten Georgia und South Carolina. Sollte der Sturm seinen Kurs erneut ändern, sei nicht auszuschließen, dass er doch noch auf Florida treffen könnte.
Nach einer Anordnung von South Carolinas Gouverneur Henry McMaster müssen rund 800.000 Einwohner ab Montagmittag (Ortszeit) ihre küstennahen Häuser und Wohnungen verlassen. Entsprechende Maßnahmen galten auch für mehrere Küstenbezirke in Georgia und Florida. (TT.com, APA, dpa)