Mehr als ein Jahr ermittelt: Tiroler Polizei hob Schlepperring aus
Ein Pakistani und fünf Rumänen sind wegen der Schleppung von rund 80 Menschen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Am 22. Jänner beginnt der Prozess.
Von Reinhard Fellner und Benedikt Mair
Innsbruck – Drei Pakistani wurden im Oktober 2017 in Schönberg im Auto eines Ungarn entdeckt. Und auf seinem Handy eine Telefonnummer, die nun, mehr als ein Jahr später, zur Zerschlagung eines pakistanisch-rumänischen Schlepperrings führte. Insgesamt sechs Haupt- und Mittäter sitzen in Innsbruck in Haft – davon ein Pakistani und fünf Rumänen. Sie warten auf ihren Prozess, der bereits am 22. Jänner am Innsbrucker Landesgericht starten wird. Den Männern drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Über längere Zeit dürfte die Gruppe tätig gewesen sein. Mindestens 80 Menschen sollen sie aus Deutschland über Österreich nach Italien gebracht haben – auch in die entgegengesetzte Richtung organisierten sie Transporte.
Fahrten mit Autos und Nachtzügen abgewickelt
Ihre „Kunden“, die für die Dienste zwischen 300 und 400 Euro bezahlen mussten, stammen vorwiegend aus Pakistan, Afghanistan und Indien. Nachgewiesen werden konnten der Bande rund 30 Fahrten, die meisten davon mit Autos über Straßen und Autobahnen in Tirol, einige auch in Nachtzügen, die über die Brennerstrecke fuhren. „Wir sind der Meinung, dass es einige mehr waren. Nur können wir das nicht beweisen“, sagt Christoph Hundertpfund, Ermittler des Landeskriminalamtes Tirol, welches gemeinsam mit Polizei-Kollegen aus Salzburg an dem Fall arbeitet.
„Um die Nummer auf dem Handy des Ungarn haben wir unseren ganzen Fall aufgebaut“, berichtet Hundertpfund. Denn: „Der Mann hatte mit dem Schlepperring, den wir nun zerschlagen haben, nichts zu tun. Er hatte aber Kontakt zum Kopf dieser Bande.“ Einer der beiden Hauptbeschuldigten ist ein 51-jähriger Mann aus Pakistan, der bereits im Juli dieses Jahres in seiner Salzburger Wohnung verhaftet wurde. Für seinen direkten Komplizen, einen 33-jährigen Rumänen, klickten zeitgleich in seinem Domizil in Bischofswiesen in Bayern die Handschellen. Bei der Sichtung der in den beiden Unterkünften sichergestellten Beweise wurden schließlich vier weitere Rumänen als mögliche Mittäter ausgeforscht.
Weitere Ermittlungen nicht ausgeschlossen
Über Veranlassung der Staatsanwaltschaft Innsbruck wurde ein EU-Haftbefehl ausgestellt, die Männer wenige Zeit später in Rumänien und Deutschland aufgespürt und nach Innsbruck überwiesen.
„Dieser Schlepperring ist zerschlagen“, glaubt Hundertpfund. Wie sich aber in dem Fall zeigte, seien die Banden untereinander gut vernetzt. „In diesen Kreisen kennt man sich und tauscht sich untereinander aus.“ Es kann laut LKA gut sein, dass die Festnahmen zu weiteren Ermittlungen führen.
Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck die Anklage zum Fall fertiggestellt, wie gestern der TT auf Anfrage bestätigt wurde. Über 40 Seiten listet die Anklagebehörde Vorwürfe und minutiös ermittelte Tatabläufe gegen die sechs Angeklagten auf. Staatsanwalt Hansjörg Mayr: „Da wir von Schlepperhandlungen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung ausgehen, drohen den Angeklagten im Falle eines Schuldspruchs ein bis zehn Jahre Haft.“
Mindestens viertätiger Prozess
Auch einen Prozesstermin gibt es laut Landesgericht (LG) schon. Über vier Tage soll der Prozess dauern, wie LG-Vizepräsident Andreas Stutter bestätigte: „Der erste Prozesstag ist auf den 22. Jänner anberaumt. Ein Urteil ist derzeit für den 30. Jänner geplant.“ Dem Schöffengericht wird die erfahrene Strafrichterin Verena Offer vorsitzen. Interessant dürfte sich übrigens der Prozessverlauf gestalten. Dem Vernehmen nach zeigen sich nämlich die fünf angeklagten Rumänen zur Anklage geständig – ganz im Gegenteil zum Pakistani. Es gilt die Unschuldsvermutung.