Niederlande

Isolierte Familie: Vater wollte offenbar Kommune gründen

Das abgeschiedene Bauernhaus, in dem die Familie lebte.
© ANP

Der 67-jährige Gerrit Jan van D. bleibt weiter in Haft. Seine Familie lebte neun Jahre lang autark und isoliert von der Außenwelt auf einem niederländischen Bauernhof. Seit der Fall bekannt ist, rätseln Ermittler, was dahinter steckt. Nun kommt heraus: Der Vater hatte womöglich ein höheres Ziel.

Ruinerwold – Der Vater der isolierten Familie auf einem niederländischen Bauernhof bleibt unter dem Verdacht der Freiheitsberaubung in Haft. Der Haftrichter verlängerte am Montag die Untersuchungshaft um 14 Tage. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Groningen mit. Der 67-jährige Gerrit Jan van D. wird verdächtigt, neun Jahre lang seine sechs Kinder gegen ihren Willen auf einem abgelegenen Hof im Dorf Ruinerwold festgehalten zu haben.

Van D. wollte offenbar, wie inzwischen bekannt wurde, eine Kommune gründen. Das berichtet die niederländische Zeitung De Volkskrant. Der 67-Jährige, der völlig autark mit seinen sechs Kindern auf einem Bauernhof lebte, soll jahrelang an einem eigenen Evangelium gearbeitet haben. Tausende Artikel veröffentlichte er als „John Eagles“, unter anderem auf einer Facebook-Seite namens „Eagle Rock Wiki“. Bis 1987 war er zudem selbst Mitglied einer Sekte.

Co-Autor deutet auf Österreicher hin

Die von ihm beschriebene Religion sei ein Potpourri verschiedener Ansichten. So gebe es klassische Elemente des alttestamentarischen Christentums, aber auch buddhistische Einflüsse. Auren, Energieräder, Chakren und Thai-Chi würden ebenfalls eine Rolle spielen, schreibt De Volkskrant. Neben religiösen Ansichten enthalte das Evangelium auch viele praktische Anleitungen, wie etwa zur Gartenarbeit, Tipps zu Bauchmuskel-Training oder Hinweise zur Holzverarbeitung. Die Einträge enden 2016. Nach Angaben des Sohnes Jan hatte Gerrit-Jan D. in diesem Jahr einen Schlaganfall. Er befindet sich nach Angaben niederländischer Medien zurzeit in einem Gefängniskrankenhaus. Van D. darf mit Ausnahme seines Anwaltes keinen Kontakt zur Außenwelt haben, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Einige der Artikel seien von einem Co-Autor namens Joseph Greenwood verfasst worden. Der Name deutet auf den zweiten Verdächtigen in dem Fall hin. Der Pächter des Hofes, Josef B., wird neben Gerrit-Jan D. der Freiheitsberaubung verdächtigt. Der 58-Jährige Österreicher sitzt derzeit in Haft.

Gerrit-Jan D. wird verdächtigt, seine sechs heute erwachsenen Kinder gegen ihren Willen neun Jahre lang auf dem abgelegenen Hof in der östlichen Provinz Drenthe festgehalten zu haben. Vor knapp einer Woche war die Familie von der Polizei entdeckt worden, nachdem der 25-jährige Sohn Jan in der Dorfkneipe um Hilfe gebeten hatte. Der Vater hatte vor etwa zehn Jahren bei den Behörden seine Auswanderung gemeldet, war aber kurz darauf mit den Kindern auf dem Hof untergetaucht. Die Kinder waren nie bei den Behörden gemeldet. Die Familie lebte in einem abschließbaren Raum auf dem Hof. Bewohner des 4000-Einwohner-Dorfes hatten nie etwas von der Anwesenheit einer Familie bemerkt.

Raum war hinter Schrank verborgen

Die Mutter der Familie soll nach Aussagen von früheren Nachbarn und auch nach Angaben des Sohnes Jan 2004 gestorben sein. Die heute 18 bis 25 Jahre alten Kinder, vier Mädchen und zwei Buben, werden nach Angaben der Polizei gut versorgt und auch psychologisch betreut. Sie könnten lesen und schreiben und seien auch gut ansprechbar.

Die Familie hatte vermutlich seit 2010 in einem abschließbaren Raum auf dem Hof im Dorf Ruinerwold gelebt. Der Raum war hinter einem Schrank verborgen. „Der abgeschlossene Raum war deutlich gedacht, um die Außenwelt draußen zu halten“, sagte die stellvertretende Polizeichefin in Drenthe, Janny Knol, im niederländischen Fernsehen.

Bei der Durchsuchung des Hofes war eine große Summe Bargeld gefunden worden. Auch waren in Geschäftsräumen des Vaters und des Österreichers Computer und Unterlagen beschlagnahmt worden. Weitere Ergebnisse der Ermittlungen wurden noch nicht mitgeteilt. (TT.com, dpa)

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